Von Kay Haufe
Diese Stadt sei wie ein Schnappschuss. Hier gebe es so viel Unterschiedliches auf engstem Raum. Neben historischen Gebäuden und der Flusslandschaft auch völlig unerwartete Architektur, sagt Christopher McQuarrie. Der Oscar-Preisträger, der als Drehbuchautor, Regisseur und Produzent in Hollywood erfolgreich ist, war gestern mit seiner Frau und den beiden Töchtern nach Dresden gekommen, um im Militärhistorischen Museum über seinen Film „Operation Walküre“ zu sprechen. Extra dafür hatte er die Londoner Dreharbeiten zum fünften Teil von „Mission Impossible“ mit Tom Cruise unterbrochen. Und Cruise ist es auch, der Oberst von Stauffenberg in „Walküre“ spielt. „Ihm werde ich Dresden unbedingt empfehlen. Neben dem Grünen Gewölbe muss er sich das Militärhistorische Museum anschauen. Ich habe nirgendwo in der Welt einen vergleichbaren Ort kennengelernt, der sich mit den Folgen des Krieges beschäftigt“, so McQuarrie.
Wie schwierig es war, das Thema Hitler-Attentat von 1944 überhaupt für einen Hollywood-Film attraktiv zu machen, hat McQuarrie gestern amüsant berichtet. „Alle Fakten sprachen gegen uns: Es spielen keine Amerikaner mit, der Anschlag ist nicht erfolgreich, und am Ende sterben alle Guten“, so McQuarrie. Doch genau das habe den Drehbuchautor gereizt, den Stoff für ein Millionenpublikum aufzubereiten. Mit Erfolg, wie die weltweiten Zuschauerzahlen und der Umsatz von 200 Millionen Dollar von „Operation Walküre“ beweisen. Und der Film zeigt offenbar Langzeitwirkung „Ich bekomme heute noch zahlreiche Mails von Leuten, die sich den Film auf DVD angeschaut haben und mir sagen, dass sie die Geschichte berührt hat“, so der 46-Jährige.
Während der Dreharbeiten des Films, der 2009 in Deutschland gestartet ist, habe es viele negative Kommentare gegeben. Man könne die Geschichte des deutschen Widerstandes nicht passend für ein Blockbuster-Format zurechtbiegen, hieß es. Doch McQuarrie habe sich davon nicht beirren lassen. „Natürlich sind wir sensibel mit den geschichtlichen Fakten umgegangen. Doch am Ende muss die Story so spannend erzählt werden, dass sich ein breites Publikum dafür begeistert“, erklärt der Drehbuchautor den Spagat zwischen Detailtreue und filmischer Handlung. So habe er mit Hauptdarsteller Tom Cruise schnell gemerkt, dass man sich auf eine Figur konzentrieren muss. Einzelne Szenen seien daraufhin neu geschrieben worden.
Co-Autor Nathan Alexander, der gestern ebenfalls im Museum zu Gast war, hat umfangreich über Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Weggefährten Henning von Tresckow, Ludwig Beck, Carl Goerdeler und andere recherchiert. „Wir haben Stauffenberg als tragende Person ausgebaut und sind auf andere nur ansatzweise eingegangen. Immerhin haben wir keinen Dokumentarfilm gedreht, sondern einen Hollywood-Streifen“, so Alexander. „Wer sich vom Film angesprochen fühlt, liest im besten Fall die genaue Geschichte nach“, sagt er.
Historikerin Nina von Keyserlingk, die gerade eine Sonderausstellung über das Hitler-Attentat im Dresdner Militärhistorischen Museum vorbereitet, hatte mit der filmischen Darstellung kaum Probleme. „Man kann sich an Details aufreiben. Zum Beispiel, dass Stauffenberg zu Beginn des Films noch kein Oberst war. Aber das finde ich verzeihlich“, sagt sie. Die junge Kuratorin hätte sich jedoch gewünscht, dass die Person Graf von Stauffenbergs nicht von Anfang an als Held dargestellt würde. „Er war auch Anhänger des Nationalsozialismus und hat eine Entwicklung durchlaufen, ehe er das Attentat geplant hat“, sagt von Keyserlingk.
Diese Ambivalenz der Person Stauffenbergs soll in der neuen Ausstellung herausgearbeitet werden, die am 3. Juli eröffnet wird. Dafür hat von Keyserlingk auch Leihgaben aus Familienkreisen der Mitstreiter Stauffenbergs erhalten. Darunter bewegende Briefe Henning von Tresckows. Oder die Pistole von Philipp von Boeselager, mit der er bereits am 13. März 1943 ein Attentat auf Hitler durchführen wollte. Von Boeselager war einer der letzten Überlebenden des innersten Kreises der militärischen Widerstandsgruppe. Er starb 2008.
Für Christopher McQuarrie ist ein Besuch im Militärhistorischen Museum immer wieder spannend. Sind doch dort auch drei seiner Sets aus „Operation Walküre“ ausgestellt. 2007 war er bereits zum ersten Mal während der Dreharbeiten in Berlin hier zu Gast. Für kommende Arbeiten will er sogar einen Film über die Zerstörung Dresdens nicht ausschließen.