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Osterreiter aus dem Rheinland

Christliches Fest. Benno Kleber kommt seit 1976 nach Nebelschütz zuHeiduschkes. Und diehaben alle Hände voll zu tun in diesen Tagen.

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Von Andreas Kirschke

Dichter Morgennebel schwebt am Ostersonntag über dem Heiduschke-Hof in Nebelschütz. Gegen 5 Uhr blinzeln erste Lichter in den Fenstern. „Manchmal gibt es Dinge, die kann man sich nicht erklären“, erzählt Benno Kleber später vom Zauber des Osterreitens. Er findet sich mit anderen Gläubigen frühmorgens zum Gottesdienst ein. Agnes und Johann Heiduschke, seit Jahren seine Gastgeber, gehen mit. „Dzens Chrystus z mortwych stanyl je“ (Christus ist heute auferstanden) wärmt der Osterchoral kraftvoll die Kirche.

Es kribbelt im Herzen

Pfarrer Michael Bresan erinnert an die zentrale Botschaft der Auferstehung. Erstreiter wie Patrick Retschke, Stephan Lehmann und Sebastian Krahl heißt er willkommen. Ebenso Jurij Delenk, Peter Just, Sebastian Mechela und Matthias Bensch. Zum 25. Mal reiten die vier mit. Benno Kleber kommt seit 1976 extra aus dem Rheinland. Er lebt seit langem in Metternich bei Brühl. Auf dem Hof Heiduschke wuchs er bei den Großeltern auf. „Mit 14 bin ich hier weg“, sagt er nachdenklich und blickt sich um im Kindheitszimmer.

Heiduschkes Stall gilt als Sammelpunkt. Bis aus Helmsdorf bei Stolpen kommen Pferde. Donnerstag trafen die ersten ein. Karfreitag ging es zum Ausritt nach Miltitz und Wendischbaselitz. Sonnabend zur Ziegelei und zurück. Geduldig lassen sich die Pferde Scarlett, Tina, Nancy und Falko versorgen. Ihr Frühstück ist Hafer und Wasser. Jo-hann Heiduschke, kein Osterreiter mehr, hilft mit. Es kribbelt in Herz und Händen. „Die Aufregung gehört mit dazu. Es würde einem was fehlen“, schildert er. Wiehern hallt durch den Stall. „Ruhig, Nancy. Ist doch deine Schönheit“, streichelt Benno Kleber das Pferd. Eben schwärzt er mit Jurij Delenk die Hufe. Zur Zierde geschieht dies. Andere wie Diana Heiduschke, 15 Jahre, polieren emsig das Fell. Sie kämmt Mähne und Schweif. Letzterer trägt später eine weiße Schleife mit sorbischen Stickmustern. Am Kopf prangen Ostersträuße. In der Nacht noch hat sie Sabine Heiduschke gefertigt. Jahr für Jahr kommt die junge Frau Ostern her. Wie Mutter Agnes kocht und bäckt sie, wäscht ab, bewirtet die Ostroer Gäste. Ostern ohne Lausitz? „Es ist Heimat. Zwar viel Trubel. Viel Arbeit. Aber gerade das macht doch Ostern aus“, nimmt sie den weiten Weg aus der jetzigen Heimat Bad Saulgau nahe am Bodensee gern auf sich. „Wirkliches Ostern ist hier“, stimmt Gertrud Teschendorf, Agnes Heiduschkes Schwester, zu. Sie freut sich auf die Ostroer Gäste. „Voriges Jahr waren es elf,“ erzählt die Bernauerin. Wie viele diesmal kommen? Wer weiß?

Brauch oder nicht Brauch

Am Stall harrt Thomas Matka aus. Zum vierten Mal reitet er heute mit. Er wartet auf sein Pferd. Gegen halb elf trifft „Rakete“ aus Helmsdorf ein. Ostern woanders? „Nein. Könnte ich mir nicht vorstellen“, entfährt es dem 17-Jährigen. Auch bei ihm steigt die Aufregung. Kann er sich weibliche Osterreiter vorstellen? „Schlecht wäre es eigentlich nicht“, meint er. „Es gibt ja viele Mädel, die Erfahrung mit Pferden haben.“ Diana jedenfalls brennt für Pferde. Sie reitet sehr gern. „Klingt nicht schlecht“, erwidert sie auf die Frage. „Doch andererseits ist es ja Brauch, dass nur Männer reiten.“ Jurij Delenk würde dies nicht ändern. Stolz erzählt er vom Opa seiner Frau. 66 Mal ritt der Ostroer Paul Ziesch Ostern mit. „Jedes Mal das erste Mal“, empfindet es Jurij Delenk. „Man kennt zwar alle Kniffe, alle Tricks. Trotzdem ist die innere Unruhe da. Ist doch der Ritt ein Ritt in Gemeinschaft. Ein Glaubensbekenntnis – hinaus in die Welt. Für ihn ist es ein persönliches Bekenntnis als Christ.

Kurz vor zwölf Uhr reiht sich unterhalb der Kirche Benno Kleber in den langen Zug der Prozession ein. Drei Mal umrundet sie in kraftvollem Gesang die Kirche. Mancher muss sich erst finden, das Pferd beruhigen, mit dem Gesangstext gelassen umgehen. Kirchengeläut hallt in Nebelschütz. Etliche Zuschauer säumen die Straßenränder. Johann Heiduschke weilt mit Familie mitten drin. Die Osterreiter brechen auf. Mit der Botschaft der Auferstehung im Herzen.