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Paradoxer Aufstieg

Dänemarks Ex-Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt soll das Amt der Uno-Hochkommissarin für Flüchtlinge übernehmen.

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© picture alliance / dpa

Von André Anwar, SZ-Korrespondent in Stockholm

Endlich wieder ein Job. Und was für einer. Dänemarks Ex-Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt war nach ihrer Wahlniederlage und dem zeitgleichen Abgang als Parteichefin Ende Juni arbeitslos. Anfang September trat sie mit ihrem politischen Gegner, dem bürgerlichen Wahlsieger Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen, vor die TV-Kameras. Er werde die 48-jährige vom rechten Flügel der Arbeiterpartei als Uno-Flüchtlingskommissarin vorschlagen, verkündete Rasmussen.

Die Reaktionen der dänischen Presse waren gemischt, weil Thorning Schmidt in ihrer Amtszeit Flüchtlingen in Dänemark das Leben vor allem erschwert hat. Vielleicht werde Rasmussen auch einmal auf den guten Willen des politischen Gegners angewiesen sein nach seiner Amtszeit, so funktioniere das Spiel, unkten einige Zeitungen.

Inzwischen verdichten sich die Anzeichen dafür, dass Thorning-Schmidt am 1. Januar den derzeitigen Uno-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres ablösen wird. Der neue Job sei ihr so gut wie sicher, schreibt die Zeitung Politiken. Die Kandidatin sei allerdings ein Paradoxon. Thorning-Schmidt hat in ihrer Amtszeit von 2011 bis Mitte 2015 eine so extrem flüchtlingsfeindliche Politik verfolgt, dass sie dafür vom Flüchtlingshilfswerk mehrmals Kritik einstecken musste.

Noch im Wahlkampf hatte sich die Ehefrau von Stephen Kinnock, Sohn des einstigen britischen Labour-Führers, für ihre harte Migrationspolitik selbst gelobt. „Wir haben die Asylregeln als erste Partei in zwölf Jahren gewaltig verschärft. Das wart nicht ihr!“, rühmte sie sich im TV-Duell mit ihrem bürgerlichen Widersacher Rasmussen.

Beobachter stellen sich die Frage, wie die Asyl-Hardlinerin Thorning-Schmidt als Flüchtlingskommissarin Länder wie Polen und Großbritannien dazu überreden soll, mehr für die Aufnahme von Kriegsopfern zu tun.

Allerdings steht Thorning-Schmidt im Ruf, ihre Meinungen eher der Situation anzupassen. Ihr harter Kurs in der Flüchtlingspolitik war offenbar nur eine Taktik, um wiedergewählt zu werden. Eigentlich sei sie den humanistischen Grundwerten der Linken verbunden, sagen ihre Anhänger. Das werde sie auch als Uno-Flüchtlingskommissarin beweisen.