Von Crista Vogel
Prall gefüllt ist das Kirchenschiff der Maria-und-Martha-Kirche Bautzen am Karfreitag. Um die Sterbestunde Jesu wird zum zweiten Mal das Oratorium „Dass ein neuer Anfang verbleibe“ nach der Passionsgeschichte des Johannes-Evangeliums erklingen. Aktuell sind Text (Frank Richter) und Musik (Stefan Jänke) angelegt. Die Uraufführung fand 2002 in der Marienkirche Großenhain statt. Hier war biblische Geschichte in unsere Zeit gerückt, Gottes Wort in freier Textauslegung mit aufrüttelnder Musik, zu starker Aussage, ausufernder Klage, die weder Klassik noch Rock oder Jazz auslässt.
Hochkarätige Künstler
Unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Matthias Pfund musizieren Solisten, die Kantorei St. Petri Bautzen, die Kantorei der Marienkirche Großenhain mit der Neuen Elbland-Philharmonie und der Micha-Fuchs-Band. Glockentöne schweben in den Raum. Getragene monotone Klangwelt treibt den Prolog rhythmisch voran. Paukenschlag schockt. „Dieser Mensch stiftet Unruhe“ singt Mezzosopranistin Bettina Weichert mit großer Bewegtheit. Ihr Solopart lebt Tiefe bis zum fordernden Sprechgesang. Fast unsichtbar färbt die Band den Orchestersound zu alltagsnaher Tonsprache, begleitet den berührenden Wechselgesang. Stürmt im Hosanna mit dem gewaltigen Jubelchor zum Empfang des Königs Israels voran, der das Gotteshaus beben lässt. Dann der vierte Satz: Ich glaube… Zwei Worte der Wärme, deren Motiv das Werk ins Finale tragen wird. Dessen Klang sich im Ohr festsetzt. Sie stammen aus dem Gebet einer Frau aus dem Warschauer Getto. Engagiert bringt sich Tenor Ben Höhnel ein, verkörpert Jesus. In „Wer an mich glaubt“ lebt er die moderne Frische der Musik mit allen Sinnen. Lobenswert gelingt die Sprachbewältigung, die oft atemberaubende Tempi und monumentale Lautstärken fordert. Der Drive zwischen den Stilen hält die Spannung bis in atemberaubende Höhen. Das ergreifende Paschafest wächst mit Holzbläserverklärung zur Verleugnungsszene des Petrus. Dag Hornschild gibt den Basspartien enorme Intensität, steigert sich mit Chor und Orchester zum unerträglichen Aufschrei, der sprachlos macht und in „Weg mit ihm“ Schmerz und lautes Wehtun ist.
Verblüffend alltagsnah und nachhaltig wirken die Textunterlegungen, ob „Jeder fordert nur das Seine“ oder „Wir hören auf uns selber“. In den letzten Sätzen rast das Oratorium förmlich ins Finale. Polyphone Verflechtungen stehen neben dem Macht-Aufschrei „Kreuzige ihn“. Da klingt wieder das rettende Leitmotiv der Sanftheit vom Glauben, huldigt Streicherklang dem hellen Jesuspart, der Größe und Hoffnung verinnerlicht. Glockentöne läuten den Epilog – dass ein neuer Anfang verbleibe. Eine Klangwelt der Superlative strahlt freudenreichen Husanna-Jubel des Glaubens, der Liebe, der Hoffnung. Langwährender herzlicher Beifall dankt für vorösterliche Erbauung.