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Passt die Kirnitzschtalbahn durch Bad Schandau?

Die Strecke soll in beide Richtungen verlängert werden. Ingenieure müssen jetzt herausfinden, ob das geht.

Von Dirk Schulze
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Die Kirnitzschtalbahn ist eine Touristenattraktion. Sie soll zum modernen Verkehrsmittel ausgebaut werden.
Die Kirnitzschtalbahn ist eine Touristenattraktion. Sie soll zum modernen Verkehrsmittel ausgebaut werden. © Daniel Schäfer

Es ist eins der ambitioniertesten Verkehrsprojekte in der jüngeren Geschichte der Sächsischen Schweiz: die Verlängerung der Kirnitzschtalbahn. Die historische Straßenbahn, die aktuell zwischen dem Kurpark in Bad Schandau und dem Lichtenhainer Wasserfall pendelt, soll in beide Richtungen verlängert werden. Talaufwärts bis zur Neumannmühle und in der Gegenrichtung bis über die Elbe zum Nationalparkbahnhof.

Die Idee dahinter: Von der Touristenattraktion mit historischen Wagen soll die Straßenbahn verstärkt zum zeitgemäßen Verkehrsmittel weiterentwickelt werden. Gleichwohl die Kirnitzschtalbahn schon jetzt auch von Wanderern genutzt wird, um bei Ausflügen von A nach B zu gelangen, sind die Möglichkeiten eingeschränkt. Die Kapazität der historischen Wagen ist begrenzt, der allgemeine VVO-Tarif gilt nicht und es fehlt der Anschluss an die Bahnstrecke im Elbtal. Wer aus Dresden kommend am Nationalparkbahnhof aus der S-Bahn steigt, fährt in der Regel mit dem Bus weiter ins Kirnitzschtal zum Wandern, Klettern oder Boofen.

Auf der verlängerten Straßenbahntrasse sollen dann moderne Niederflurwagen rollen, wie sie auch in Dresden unterwegs sind. Keine Sorge: Die historischen Wagen bleiben als Attraktion auf dem bestehenden Streckenabschnitt im Dienst. In der Regel müssten schnellere Bahnen fahren, um kürzere Taktzeiten zu ermöglichen.

© Grafik: SZ

Ob dieser Plan eine Chance auf Umsetzung hat, sollen jetzt Experten untersuchen. Der Stadtrat von Bad Schandau hat am Mittwochabend das Ingenieurbüro VKT Verkehrsplanung aus Dresden mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Im Sommer 2018 hatten sich die Stadträte der drei Anliegerkommunen Sebnitz, Bad Schandau und Rathmannsdorf bereits grundsätzlich für das Projekt und eine solche Studie ausgesprochen.

Das VKT-Büro war einer von zwei Anbietern, die ein Angebot für die Machbarkeitsstudie abgegeben hatten. Zwei weitere wurden angefragt, hatten sich aber nicht an der Ausschreibung beteiligt. Neben dem Angebotspreis (73 000 Euro), seien auch Referenzen in die Entscheidung eingeflossen. Die nun beauftragten Verkehrsplaner haben in den vergangenen Jahren unter anderem ein Mobilitätskonzept für die Dresdner Innenstadt zur Adventszeit oder einen Entwicklungsplan für den Verkehr in Pirna bis 2030 erstellt. Die Studie wird über Fördermittel und einen Eigenanteil des Regionalverkehrs Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (RVSOE) finanziert.

Die Ingenieure sollen jetzt herausfinden, unter welchen Bedingungen die angedachte Verlängerung der Kirnitzschtalbahn technisch möglich ist und was das Ganze kosten würde. Für eine Schlüsselstelle – die Elbquerung – liegt die Lösung näher, als mancher vermuten mag. Die Pfeiler der bestehenden Eisenbahnbrücke über die Elbe in Bad Schandau sind breit genug. Neben dem Gleis der Nationalparkbahn, die hier in Richtung Sebnitztal rollt, wäre Platz für einen zweiten Schienenstrang. Allerdings müsste die Eisenbahnstrecke auf die linke Brückenseite – in Richtung Rathmannsdorf gesehen – verlegt werden.

Erfahrungen aus Österreich

Schwieriger scheint die Streckenführung durch Bad Schandau. Hier kommt praktisch nur die Poststraße infrage. Die Bundesstraße dürfte als Alternative wegen der Engstelle am Markt ausscheiden. Bei den Anwohnern der Poststraße gibt es deshalb schon jetzt Bedenken, denn auch dort ist wenig Platz.

Um sich anzuschauen, wie so etwas gelöst werden könnte, gab es eine Fachexkursion, organisiert vom Mobilitätsmanager für die Sächsische Schweiz und dem Verkehrsverbund VVO, nach Gmunden (Österreich). Dort wurde ebenfalls eine Straßenbahnstrecke verlängert und rollt mit 20 Stundenkilometern durch eine enge Straße. „Das war eine erkenntnisreiche Fahrt“, sagt RVSOE-Geschäftsführer Uwe Thiele, ohne Details zu nennen.

Fest steht bisher noch nichts. Das Ziel der Machbarkeitsstudie sei es gerade, verschiedene Varianten herauszuarbeiten, die dann diskutiert werden können, erklärte Bad Schandaus Bürgermeister Thomas Kunack (WV Tourismus). Letztlich wird auch entscheiden, was bezahlbar ist. Die Studie soll in zehn bis zwölf Monaten vorliegen.

Der Grundgedanke, die Kirnitzschtalbahn an den Bahnhof in Bad Schandau anzubinden, ist indes nicht neu. Er war schon Teil der ursprünglichen Streckenplanung Ende der 19. Jahrhunderts. Als Ringbahn sollte die Strecke einst das Kirnitzschtal hinauf bis nach Böhmen und über Hrensko zurück bis nach Bad Schandau führen. Realisiert wurde nur der heutige Teil.

Auch aktuell steht das Projekt in einem größeren Kontext. In der Sommersaison kann das Kirnitzschtal nicht mehr alle Besucherautos aufnehmen. Die Kapazitätsgrenze ist erreicht. Zusammen mit der ebenfalls geplanten Festungsbahn auf die Festung Königstein soll in Leupoldishain ein großer Auffangparkplatz entstehen, von dem aus Besucher dann per Bus und Bahn weiterfahren können. Dafür muss es ein attraktives Angebot geben. (mit SZ/gk)

Geschichte der Bahn

1870 gab es erste Pläne für eine Pferdebahn im Kirnitzschtal.

1898 wurde die rund acht Kilometer lange Schienenstrecke eröffnet. .

1986 bis 1990 wurde die Strecke umfassend saniert.

2010 wurde die Bahn bei einem Hochwasser schwer beschädigt. Erst im Advent 2012 war die Strecke wieder komplett befahrbar. 

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