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Jens Maier bei Pegida: Schämen für die AfD

Der AfD-Abgeordnete Jens Maier kritisiert den Parteiausschluss von Andreas Kalbitz und spricht von „Verrat“ – unter großem Beifall auf dem Altmarkt.

Von Franziska Klemenz & Alexander Schneider
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Mit Sommerhut und Sonnenbrille - der Dresdner AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier hat auf der Pegida-Bühne den Rauswurf von Andreas Kalbitz kritisiert.
Mit Sommerhut und Sonnenbrille - der Dresdner AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier hat auf der Pegida-Bühne den Rauswurf von Andreas Kalbitz kritisiert. © Alexander Schneider

Seit diesem Montag darf auch Pegida wieder seine Thesen in der Innenstadt verbreiten – ohne eine Auflage, was die Anzahl der Teilnehmer angeht. Etwa 300 der Bewegung, so Polizeiangaben, versammelten sich auf dem Altmarkt. Sie trugen überwiegend Atemschutzmasken, was jedoch den Sicherheitsabstand anging, war man nicht ganz so konsequent. Als Überraschungsredner stellte sich der Dresdner AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier auf die Bühne. Sein Auftritt war wohl nicht geplant, gleichwohl brannte es dem früheren Richter, der sich stets zum rechten Flügel der Partei um Björn Höcke bekannt hatte, unter den Nägeln, sich zum Ausschluss von Andreas Kalbitz zu äußern.

Er schäme sich ein wenig für das Theater seiner Partei, sagte Maier. Die AfD sei eine Partei mit verschiedenen Strömungen, der es in Sachsen gelungen sei, als Volkspartei wahrgenommen zu werden. Das sei ein „Segen“, der den „armen Brüdern und Schwestern im Westen“ der Partei bisher nicht zuteilgeworden sei. Damit meinte er den Parteibundes-Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen, den Maier für den Ausschluss des Brandenburger Parteichefs verantwortlich macht. Maier sprach von „Verrat“, er sieht Meuthens Tage an der Spitze der Partei für gezählt. Mit den Vorgängern Bernd Lucke und Frauke Petry sei es auch so gekommen: Sie hätten als Vorsitzende die Strömungen der AfD nicht zusammenzuführen können. Er hoffe, dass Kalbitz in der Partei bleibe, der Ausschluss werde vor Gericht keinen Bestand haben, so Maier unter Beifall.

Die übrigen Reden der Pegida-Anführer Wolfgang Taufkirch und Siegfried Däbritz waren erwartbar. Die Virusepidemie versahen sie mit Begriffen wie „Panikprogramm“ und „Medienvirus“, kritisierten die Auflagen, die ihnen noch immer viel zu weit gingen, und machten die etablierten Parteien und Politiker dafür in der gewohnten Schärfe verantwortlich.

Die Rede des Leipziger Chefs der Identitären Bewegung (IB), fiel aus. Der Mann habe eine Panne bei der Anreise auf der Autobahn gehabt, hieß es. Die IB wird wegen ihrer rechtsextremistischen Ideologie vom Verfassungsschutz beobachtet.

Neu war an diesem Montag nur, dass zwei Dutzend Gegendemonstranten als Teil der Pegida-Kundgebung gezählt wurden. Sie standen in unmittelbarer Nähe am Platz. Weil die geplante Demo der Initiative „Nationalismus raus aus dem Köpfen“ vor den Kulturpalast verlegt worden war, zog das Bündnis seine übliche Anmeldung zurück. Sprecherin Rita Kunert sprach von einer Retourkutsche der Versammlungsbehörde, nachdem die Initiative im Februar sehr große und laute Proteste in Sicht- und Hörweite organisiert habe. Da die Stadt den Auflagenbescheid erst Montag zugestellt habe, sei es zu spät gewesen, dagegen verwaltungsrechtlich vorzugehen.

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Nach einer halben Stunde waren die Reden auf dem Altmarkt gehalten. Ein Pegida-Spaziergang fiel den Corona-Auflagen der Versammlungsbehörde zum Opfer.

Gelaufen wurde dennoch – wenn auch nicht unter dem Pegida-Banner. Anonym wird seit Wochen im Internet in vielen Orten Sachsens zu „Spaziergängen“ mobilisiert. Nach Polizeiangaben sind nach 19 Uhr rund 200 Menschen am Neumarkt um die Frauenkirche und durch die Innenstadt gegangen. Niemand sagte etwas, und doch schien die seltsam geordnete Prozession einem Drehbuch zu folgen. Unter ihnen waren neben Pegida-Anhängern auch Impfgegner und andere, die bei Demos der letzten Wochen zu sehen waren. Zudem Stadträte der AfD.

Mehrfache Aufforderungen der Polizei an die Spaziergänger, einen Versammlungsleiter zu benennen, ignorierten die Teilnehmer. Diese Aktion dauerte eine gute Stunde. Polizisten stellten die Personalien von vier Teilnehmern fest, die den Spaziergang offensichtlich angeführt hatten. Gegen sie wird nun wegen Durchführens einer nicht angezeigten Versammlung ermittelt, teilte Thomas Geithner, der Sprecher der Dresdner Polizeidirektion, am Abend mit.

Insgesamt haben rund 200 Beame die Pegida-Kundgebung und den nicht angemeldeten Spaziergang abgesichert. Es blieb friedlich und störungsfrei. (SZ/lex/fak)

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