"Danke, wir haben es geschafft"

"Danke, wir haben es geschafft." Kaum drang die Nachricht von Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Donnerstagabend über die sozialen Medien nach Zgorzelec, machte sich Erleichterung unter den polnischen Berufspendlern breit: Studenten und polnische Arbeitnehmer in Deutschland dürfen ab Montag nach Deutschland reisen, ohne sich bei der Rückreise in eine 14-tägige Quarantäne begeben zu müssen.
Nach Angaben des DGB arbeiten in Sachsen rund 20.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte aus Polen. Davon kommen weit mehr als 10.000 regelmäßig über die Grenze zu ihrer Arbeitsstelle in Sachsen. Viele von ihnen arbeiten in den Landkreisen Görlitz und Bautzen. Bei Birkenstock in Görlitz etwa stellen die Polen einen Großteil der Belegschaft, das Werk stellte auch deswegen seine Produktion vorerst ein.
Druck auf Regierung enorm
Um die 14-tägige Quarantäne zu umgehen, erschien die eine Hälfte der polnischen Berufspendler nicht mehr auf Arbeit; ihnen droht der Jobverlust. Die andere Hälfte blieb auf Dauer in Deutschland und konnte nicht mehr zu ihren Familien zurück. Je länger diese realitätsfremden Einreisebedingungen galten, umso größer wurde der politische Ärger. Er brach sich am 24. April bei großen Demonstrationen an den Grenzübergängen entlang der deutsch-polnischen Grenze bahn. Das Bild von einem Vater, der durch den Grenzzaun auf der Görlitzer Stadtbrücke seinem Sohn den Kopf streichelt, ohne ihn in die Arme nehmen oder einfach mit ihm nach Hause gehen zu können, ging um die Welt und fand sogar seinen Weg in die "New York Times".
Der polnische Bürgerbeauftragte Adam Bodnar sah in dieser Lage eine Einschränkung der Verfassungsrechte der Betroffenen. Zudem verstieße die Quarantäne-Regelung für die Berufspendler nach seiner Ansicht auch gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Proteste gab es auch vom Marschall der Woiwodschaft Niederschlesien, Cezary Przybylski. Er appellierte an Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in der vergangenen Woche, "den Grenzverkehr zu öffnen und die Quarantänepflicht für die in der Tschechischen Republik und in Deutschland tätigen Niederschlesier aufzuheben". Die Rückkehr der polnischen Berufspendler zur Arbeit in der Tschechischen Republik und in Deutschland sei aus seiner Sicht ein wichtiger Teil zur Wiederbelebung der Wirtschaft.
Entscheidung wurde über Facebook bekannt gemacht
Nachdem die polnische Regierung am Mittwoch dann zwar Lockerungen für verschiedene Alltagsbereiche beschlossen hatte, blieb die Zukunft der Pendler zunächst unklar. Erst am Donnerstagabend informierte Polens Regierungschef Morawiecki über seine Facebook-Seite über die veränderte Regelung ab 4. Mai. "Ich habe sehr gute Informationen für alle Mitarbeiter und Studenten, die bei unseren Nachbarn, das heißt in Deutschland, Litauen, der Slowakei und der Tschechischen Republik, arbeiten oder studieren", schreibt er. "Ab 4.Mai werden sie wieder arbeiten und studieren können. Sie werden sich nicht der obligatorischen 14-tägigen Quarantäne unterziehen müssen. Nach einer epidemiologischen Analyse und in Zusammenarbeit mit den Regierungen dieser Länder und nach Konsultationen mit den lokalen Regierungen haben wir gemeinsam diese wichtige Entscheidung getroffen, auf die die Grenzgänger und ihre Familien gewartet haben."
Zugleich mahnte er aber, das Virus nicht zu unterschätzen. "Wenn wir zulassen, dass sich das Virus in den Grenzgebieten reaktiviert, werden wir das bisher Erreichte verlieren. Wir müssen die Regeln der sanitären Sicherheit weiterhin mit eiserner Konsequenz befolgen und gleichzeitig im ständigen Dialog mit den Bewohnern stehen - das wird die Spannungen abbauen." Zuvor hatte er sich mit Kommunalpolitikern beraten, darunter auch mit dem Landrat von Zgorzelec, Artur Bielinski.
Erleichterung, aber noch offene Fragen
Für eine Lockerung der Grenzbedingungen hatte sich auch Rafal Gronicz, Bürgermeister von Zgorzelec, eingesetzt, zuletzt auch in einem gemeinsamen Beitrag mit seinem Görlitzer Amtskollegen in der Sächsischen Zeitung. Er ist ein großer Kritiker der konservativen Pis-Regierung. In einer ersten Reaktion schrieb er auf Facebook: "Ich bin froh, dass meine Leute eine Arbeit aufnehmen können, und viele werden aufhören, sich über Morgen Sorgen zu machen!" Gleichwohl bleiben Unklarheiten. Dürfen beispielsweise all jene Berufspendler, die jetzt wochenlang in Deutschland ausgeharrt haben, einfach so wieder nach Polen zurückkehren?
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