Pferdeauktion mit Polizeischutz

Elf Kleinpferde haben am Montagvormittag nicht nur einen neuen Stall, sondern auch neue Besitzer bekommen. Gleich drei Pferde kaufte Lea Seehuber. Die aus Landsberg am Lech stammende junge Frau will in Kronförstchen bei Bautzen zum 1. Juli ihre eigene Reitschule aufmachen. Ein Dutzend Pferde braucht die Reittrainerin dazu, neun hat sie schon - und nun kommen drei Ponys neu hinzu. Diese hat sie bei der öffentlichen Versteigerung des Landratsamtes Görlitz in Biehain erworben.
Insgesamt neun Bieter haben sich zu der Auktion angemeldet. Vorwiegend private Pferdebesitzer, die ihren Bestand erweitern oder verjüngen wollen, aber auch Inhaber von Reiterhöfen wie die "Ranch am See" in Hagenwerder. Marianne Thiel ist die Inhaberin des Ponyhofes und sucht bei der Auktion "ein paar größere Pferde für die größeren Kinder", wie sie sagt. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, Kindern altersgerecht und spielerisch das Reiten und alles Wissenswerte zum Thema Pferd zu vermitteln. Letztendlich ersteigerte sie zwei Pferde für den seit drei Jahren bestehenden Hof am Berzdorfer See.
Keine Auskunft über die Herkunft
Woher die Pferde stammen, die vom Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (Lüva) zum Versteigern aufgerufen wurden, darüber gibt es am Montag keine Aussage, zumal die Versteigerung kurzfristig anberaumt ist. Dass die Polizei mit zwei Einsatzfahrzeugen vor Ort war, lässt eine gewisse Brisanz dieser Auktion vermuten. Die Kreisbehörde beruft sich auf ein laufendes Verfahren im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Tierhalter und gibt deshalb keine Auskunft. Nur die Information, dass "die Versteigerung als unabdingbare Handlung zur Versorgung von Tieren unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln durchgeführt wird".

Die Einnahmen aus der Versteigerung, so das Veterinäramt, sollen zur Deckung der Unkosten der Tierhalter in Biehain beitragen, auf dessen Weiden die Pferde im Amtsauftrag untergebracht sind. Das verbliebene Geld wird den bisherigen Pferdebesitzern ausgezahlt. Diese fielen am Montag buchstäblich aus allen Wolken, als sie die Nachricht auf Nachfrage der SZ hörten, dass der Landkreis ihre Pferde unter den Hammer genommen hat.
Hunde und Kleintiere beschlagnahmt
Bei den 13 Kleinpferden handele es sich um den Besitz der Little Pony Ranch in Gebelzig, geführt von der Familie Pinkert. Im Februar machte die Ranch bereits Schlagzeilen in der SZ, nachdem das Veterinäramt erschienen war und 41 Hunde sowie 26 Kleintiere abtransportieren und in Obhut nehmen ließ. Der Grund waren Beschwerden und Anzeigen gegen die Tierhaltung auf dieser Ranch. Später kamen noch die Pferde dazu, wobei die Aussagen darüber unterschiedlich sind. Barbara Pinkert sagt, dass sie die Pferde schon seit Längerem in Biehain im Gnadenhof stehen hat. Vom Veterinäramt heißt es, dass der gesamte Bestand auf Anweisung nach Biehain zu einer tiergerechten Versorgung gegeben wurde.
Barbara Pinkert und ihre Tochter Simone können sich mit einem unguten Gefühl noch genau daran erinnern, wie auch die letzten vier Pferde von ihrer Ranch verschwanden. Sie waren zu einer Lebensaufgabe für Barbara Pinkerts Ehemann geworden, der sich um die Tiere kümmerte, bis sie ihm weggenommen wurden. "Das schmerzt einen tief, wenn einem etwas Liebgewonnenes genommen wird", sagt Barbara Pinkert.
Pferde ohne Originalpässe
Simone Pinkert führt an, dass die Kreisbehörde die Pferde gar nicht veräußern darf, da sie noch die Besitzerin ist und die entsprechenden Original-Urkunden hat. Hinzu kommt, dass der Rechtsanwalt der Pinkerts eine einstweilige Verfügung gegen die Beschlagnahme eingereicht hat. Dass es mit der Nachweisführung klemmt, gibt auch das Veterinäramt zu. In der Handreichung zur Versteigerung steht geschrieben, dass die meisten Pferde keine Originalpässe besitzen. Versteigert werden die Tiere mit Pass-Duplikat sowie einem vorläufigen Begleitpapier vom Lüva. Neue Pässe vom Pferdezuchtverband Moritzburg werden nachgereicht, sobald sie vorliegen. So die Information an die Bieter.
Für Pinkerts ist die Versteigerung zu einem wahren Kriminalfall geworden. Statt zum Arzt sind Mutter und Tochter gestern Nachmittag gleich nach Biehain gefahren, um zu schauen, ob ihre Pferde noch da sind. "Bis auf zwei nicht verkaufte Ponys waren alle Pferde schon abgeholt", berichtet Barbara Pinkert. Viel Zeit zur Kontrolle auf den Wiesen blieb den beiden Frauen nicht, denn der Besitzer hatte bereits die Polizei alarmiert. "Wir sind schnell ins Auto und los, da kam uns die Polizei mit Tempo schon entgegen", sagt Simone Pinkert.
Nach diesem Vorfall lässt sich erklären, warum die Versteigerung unter Polizeipräsenz stattfand: Pinkerts dürfen nicht mehr zu ihren Tieren, das wurde von Amts wegen gegen sie verfügt. Damit will sich die Familie aber nicht abfinden. Sie haben ihren Rechtsanwalt beauftragt, Klage beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen einzureichen. Übrigens wollten Pinkerts gestern noch feststellen, wohin ihre Pferde gebracht werden. Dazu nahmen sie die Verfolgung eines Pferdetransporters in ihrem Pkw auf.