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Pfiffige Gesellen für die gute Stube

Ratten sind gefragte Haustiere –nicht erst, seit „Rémy“ von derKinoleinwand herab die Herzen erobert.

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Von Frank Seibel

Rattengift war früher. Jetzt gibt es Ratatouille. So heißt nicht nur ein französisches Gemüsegericht, sondern auch der wunderbare Trickfilm, der auch in Görlitz schon Hunderte Besucher fasziniert hat.

Zwar erobert die Ratte Rémy als Feinschmecker erst seit ein paar Wochen die Herzen der Kinogänger. Doch das Image der kleinen Nager hat sich schon zuvor mächtig gewandelt. Seit Jahren stehen sie als Haustiere hoch im Kurs. Etwa 150 Tiere im Jahr verkauft allein die Zoohandlung „Zwahr“ in der Görlitzer Innenstadt. „Einen größeren Zulauf haben wir in den vergangenen drei Wochen nicht gespürt“, sagt Geschäftsführer Roland Hegenbart. Neben Hund und Katz und Has‘ hat sich die Ratte bestens in der Reihe der heimischen Kuscheltiere etabliert. Für Ratten als Haustiere entscheiden sich übrigens längst nicht nur Freaks. „Die Ratte ist in allen Kreisen salonfähig geworden“, betont Hegenbart. Nicht allein, dass sie mit neun bis zehn Euro in der Anschaffung ziemlich günstig ist. Ein Wellensittich beispielsweise kostet 14 bis 20, ein Meerschweinchen etwa 16 Euro. Nein, die Ratte ist auch ein kluges Tier, betont Hegenbart. „Extrem pfiffig“ nennt auch Tierpark-Direktor Axel Gebauer die einst so verabscheuten Nager. Während Mäuse eher schlichte Gemüter sind, lernen Ratten schnell von den Menschen. „Sie sind ziemlich gute Partner“, sagt Gebauer. Salonfähig wurden die Ratten nach seiner Einschätzung durch eine Spezies Menschen, die selbst ein eher finsteres Image pflegt. Als die Grufties anfingen, sich Ratten zu halten, setzte sich die Erkenntnis durch, dass das alte Bild vom Krankheitsüberträger nicht mehr ganz passt.

Jene Sorte übrigens, die einst die Pest übertragen hat, Rattus rattus genannt, gibt es in unseren Regionen fast gar nicht mehr, sagt Tierpark-Chef Gebauer. Das liegt auch an den modernen Bauernhöfen, in denen nicht mal eben noch ein paar Futterreste zu holen sind.

Wie Rémy im Film, haben Ratten tatsächlich das Zeug zum Feinschmecker, sagt Zoohändler Roland Hegenbart. Nicht nur mit Käse kann man sie verwöhnen, sondern auch mit Shrimps und Lachsbällchen, wie es sie in Futtermischungen zu kaufen gibt. Allerdings stehen sie nicht nur auf Feinkost, beruhigt Tierpark-Chef Gebauer. Manche Ratten halten auch trockenes Brot für eine Spezialität. „Das ist wie beim Menschen: Der eine erfreut sich an Hering, der andere am Steak.“ In ihrem Bewegungsdrang allerdings sind die meisten Ratten sich ähnlich: eher ungestüm. Wer sie in der Wohnung herumlaufen lässt, erlebt bald ein ziemliches Chaos. „Die zerschroten alles“, sagt Axel Gebauer schmunzelnd.