SZ +
Merken

Pirnas letzte DDR-Litfaßsäule

Dem DDR-Relikt droht der Abriss. Interessenten für Sanierung und Pflege sind abgesprungen. Eine Option bleibt noch.

Teilen
Folgen

Von Ronny Zimmermann

Am liebsten hätte Conny Kaden die Pirnaer Litfaßsäule vom Dohnaischen Platz in sein DDR-Museum gestellt. Er wollte dem DDR-Relikt eine neue Heimat geben, ehe es abgerissen wird. Kaden hätte die Säule aufgehübscht und sie dann seinen Besuchern präsentiert. Das Gedankenspiel existierte schon in seinem Kopf. „Die Säule“, sagt der 50-Jährige, „hätte direkt neben dem historischen Kiosk und der Straßenbahn stehen können. Das wäre eine typische Straßenszene der damaligen Zeit gewesen.“

Doch der Plan ist verworfen. Der Betreiber des DDR-Museums an der Rottwerndorfer Straße in Pirna kann den Aufwand ohne fremde Hilfe nicht stemmen. Die anderen DDR-Zeitdokumente drohen zu verfallen, da kann er sich nicht noch mehr aufhalsen: „An der Straßenbahn bleicht die Farbe aus, und dem DDR-Kiosk fehlen noch immer die Fensterscheiben, weil ein Sponsor wieder abgesprungen ist“, sagt Kaden. Noch mehr Schrott könne er sich nicht in den Hof stellen, solange keine weiteren Personen helfen, die Gegenstände zu pflegen.

Somit steht die Litfaßsäule auf dem Dohnaischen Platz vor dem Aus. Die Stadt Pirna hat zwar Gespräche mit einigen Initiativen geführt, aber niemand ist bereit, eine umfassende Patenschaft für das DDR-Relikt zu übernehmen. Restaurierung, Pflege, ständiges Anbringen und Entfernen von Plakaten – der Aufwand scheint viel zu hoch und würde nur Kosten verursachen. Auf diese Ausgaben will man im Stadthaushalt verzichten. Zumal die Einnahmen aus den vorhandenen Werbeflächen rückläufig und sehr gering sind, wie es aus dem Pirnaer Rathaus heißt. Momentan erscheint ein Abbau als kostengünstigste Variante.

Wie sehr die Pirnaer aber an dem Überbleibsel aus vergangenen DDR-Tagen hängen, zeigt eine Diskussion auf Facebook. Als die Sächsische Zeitung auf ihrer Seite im sozialen Netzwerk über den geplanten Abriss berichtete, äußerten viele Leser ihren Unmut, teils stieß das Vorhaben der Stadt auf sehr heftige Kritik. „Traurig. Es ist eine Schande für die Stadt Pirna, dass sie immer erst alles vergammeln lassen muss und dann leider nur noch der Abriss bleibt“, schrieb etwa Facebook-Userin Dana Berg.

Die Stadt Pirna hat mittlerweile reagiert und geht sehr behutsam mit dem Thema um, wie Stadtsprecher Thomas Gockel versichert: „Der Stadtentwicklungsausschuss wird sich am 8. Mai mit der Litfaßsäule befassen. Selbstverständlich wird bis dahin auch ein Angebot über die Kosten einer möglichen Restaurierung eingeholt, um verschiedene Optionen abzuwägen.“

Neue Idee via Facebook

Womöglich könnte dann aber auch eine ganz neue Idee auf die Tagesordnung rücken. Einige Leser nutzten die lebhafte Diskussion im sozialen Netzwerk, um gleichzeitig ein paar Vorschläge zu nennen, wie die Litfaßsäule doch noch gerettet werden könnte. Speziell die Idee von Facebook-Nutzerin Barbara Kusch fand viel Zustimmung. „Daneben ist doch die Schule, es könnte doch auch ein Schulprojekt werden und mit Arbeiten der Schüler bemalt und gestaltet werden“, schrieb sie. Dient die Litfaßsäule also künftig als Projekt im Kunstunterricht? Sollen Schüler eine Art „Patenschaft“ für das Zeitdokument übernehmen?

Die SZ prüfte diesen Vorschlag und fragte bei der benachbarten Oberschule „Johann Wolfgang von Goethe“ nach. Schulleiterin Bärbel Merker war zunächst überrascht, fand den Vorschlag aber durchaus interessant: „Nach Rücksprache mit meinen Kunsterziehungslehrern wäre dies durchaus denkbar. Allerdings wären die anfallenden Materialkosten ein Problem.“ Auch müsse eine technische Anleitung erfolgen, um die Schüler für den Umgang mit der Litfaßsäule zu sensibilisieren.

Einen ganz anderen Weg hat die Stadt Heidenau gewählt. Insgesamt gehören dort noch acht Litfaßsäulen zum Stadtbild. Damit sie als wichtige Zeitzeugen aus DDR-Tagen erhalten bleiben, hat die Stadt die Bewirtschaftung an ein privates Unternehmen übertragen, das die Werbeflächen weiterverkauft. Dafür kassiert Heidenau im Gegenzug ein jährliches Entgelt.