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Pläne rufen Bedenken hervor

In Hoyerswerda hat die Diskussion zur sogenannten „Kühnichter Spange“ begonnen.

Von Mirko Kolodziej
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Die Kühnichter Straße ist für die unmittelbaren Anlieger ein Ärgernis. Ihr Zustand sorgt – verbunden mit einer durchaus starken Nutzung – für Stirnrunzeln.
Die Kühnichter Straße ist für die unmittelbaren Anlieger ein Ärgernis. Ihr Zustand sorgt – verbunden mit einer durchaus starken Nutzung – für Stirnrunzeln. © Foto: Uwe Schulz

Hoyerswerda. Es gebe noch einige Fragen, etwa zum Anschluss der Erich-Weinert-Straße oder zu Folgen für den Freizeitkomplex Ost, erklärte Antje Naumann (Grüne) letzte Woche im Hoyerswerdaer Stadtrat, als der Punkt „Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan «Kühnichter Spange»“ aufgerufen wurde. Man möge die Sache doch bitte noch einmal in den Technischen Ausschuss zurückverweisen. Zehn weitere Räte von SPD, Linksfraktion und Aktives Hoyerswerda waren in der Abstimmung derselben Auffassung. 15 Räte von AfD, CDU und Freien Wählern sahen das anders, während Claudia Florian (CDU) sich enthielt.

B-Plan wird erarbeitet

Letztlich wurde mehrheitlich entschieden, den ersten planungsrechtlichen Schritt zu gehen, von dem Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) nicht müde wird, zu betonen, dass die Verbindung zwischen Weinertstraße und Nieskyer Straße südlich vom Klinikum damit noch keine ausgemachte Sache ist. „Genau, um auch Ihre Fragen zu klären, dient das Verfahren“, kommentierte er Naumanns Bedenken. Die Idee der sogenannten Kühnichter Spange umschreibt ihr früherer Name ganz gut. Bis man das Projekt 2008 – wie man nun weiß vorerst – begrub, hieß es Entlastungsstraße Kühnicht. Die Kühnichter Straße ist nicht nur ziemlich kaputt, sondern auch recht eng und laut aktuellen Verkehrszählungen von ungefähr 5.000 Kfz am Tag befahren. Weil auch Lkw sie nutzen, wackeln in den Geschirrschränken der Anwohner schon einmal die Gläser. „Für die Kühnichter Straße ist eine Lösung erforderlich“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Im Prinzip widerspricht auch niemand. Nur dazu, wie die Lösung aussehen soll, gibt es unterschiedliche Standpunkte. Marco Gbureck (AfD) beispielsweise findet die Kühnichter Spange an sich eine sinnvolle Lösung. Er fragt sich allerdings, ob sie denn zu bezahlen sein wird – jetzt, wo das Land aktuell die Zuschüsse an Kommunen zum Straßenbau gestoppt hat. SPD-Fraktionschef Uwe Blazejczyk brachte die für Planungen üblicherweise nötige Zeit ins Spiel: „Wir können die Kühnichter nicht so lange warten lassen, bis so eine Spange gebaut wird.“ Sein Kollege Ralf Haenel von der Linksfraktion griff einen früher dazu geäußerten Gedanken auf: Wenn man aus der Kühnichter Straße eine Einbahnstraße machen wolle, dann – bitte schön – in welche Richtung?

Doch Diskussionsbedarf sehen nicht nur eine Reihe von Stadträten. Erste Stellungnahmen von Behörden sind ebenso durchwachsen.

„Nullvariante“ erwünscht

Das Kreisentwicklungsamt zum Beispiel würde den Straßenneubau am Rande des früheren Indianerdorfs begrüßen. Dort sieht man die Angelegenheit unter touristischen Gesichtspunkten. Weniger Verkehr auf der Kühnichter Straße würde mehr Sicherheit für Radfahrer bedeuten, die zwischen der Stadt und dem Scheibe-See unterwegs sind. Ganz anders denkt die Forstbehörde beim Landratsamt darüber. „Die Notwendigkeit der Waldinanspruchnahme wurde nicht hinreichend begründet“, heißt es von dort. Vollzugsdefizite bei der Verkehrskontrolle und schlechte Bauzustände an Straßen seien keine guten Argumente für einen Straßenneubau. Auch die Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung ist alles andere als begeistert. Der Freizeitkomplex zeichne sich durch parkähnliche Bereiche, Offenland und kleinere Waldflächen aus. Er diene nicht nur der Erholung der Hoyerswerdaer, sondern sei auch Lebensraum geschützter Arten. Genannt werden Vögel wie Heidelerchen, Brachpieper und Neuntöter oder in Deutschland selten gewordene Insekten. Man möge, so das Fazit, doch bitte auch „die Nullvariante“ in Betracht ziehen. Das Codewort steht für den Wunsch, den Bau schnellstmöglich komplett zu verwerfen.

Zu viel Verkehr – zu viel Lärm

Das Wort Nullvariante verwendet auch die Abfall- und Bodenschutzbehörde. Und wenn denn schon gebaut werden müsse, meint man dort, dann bitte eine Variante, die mit der geringstmöglichen Versiegelung von Boden einhergeht. Für „sehr bedenklich“ hält die Immissionsschutzbehörde die Idee vom Straßenbau. Er würde das Mikroklima stören und zusätzlichen Lärm im rückwärtigen Bereich des Klinikums bedeuten – also in Nachbarschaft von dessen Park. Vergessen wurde auch nicht, zu erwähnen, dass vis-à-vis dem Anschluss an die Weinertstraße gerade zwei neue Wohnhäuser errichtet werden und der Neubau eines Altenpflegeheims in der Vorbereitung ist. Die Kühnichter Spange würde hier die Verkehrsströme verdoppeln und so „zu einer unverhältnismäßigen Lärm- und auch Abgasbelastung führen“. Im Stadtratsprotokoll steht nun auf Antrag von Torsten Ruban-Zeh (SPD), man möge sich für die Kühnichter Straße Sofortmaßnahmen überlegen. Das Rathaus hat schon wissen lassen: Ohne eine höhere Belastung anderer Straßen sei das nicht machbar.

Hier wäre das westliche Ende der neuen Straße. Die Kühnichter Spange würde in jenem Bereich auf die Weinerstraße
treffen, in dem 2011 das Y-Hochhaus abgerissen worden ist. 
Hier wäre das westliche Ende der neuen Straße. Die Kühnichter Spange würde in jenem Bereich auf die Weinerstraße treffen, in dem 2011 das Y-Hochhaus abgerissen worden ist.  © Foto: Mirko Kolodziej