SZ +
Merken

Plattenbauten erhalten Aufzüge

Noch herrscht hoher Leerstand in der Rothenburger Südstraße. Ein Investor will das ändern und stößt auf Skepsis.

Teilen
Folgen
© André Schulze

Von Enrico Rein

Die Wohngegend in der Südstraße in Rothenburg hat Vorteile. Schnell zu erreichende Einkaufsmöglichkeiten, der Kindergarten Villa Kunterbunt, ein paar Arztpraxen um die Ecke und eine ruhige Lage. Die größten Wohnkomplexe dort sind Plattenbauten, acht an der Zahl. Einige bereits grundsaniert von der Wohnungsgenossenschaft Lausitz und drei bisher nur teilsanierte Wohnblöcke, die die Rothenburg-Grundstücks UG verwaltet und jetzt in Angriff nimmt.

Dafür besichtigte jüngst der Technische Ausschuss der Stadt Rothenburg mit Bürgermeisterin Heike Böhm den ersten Aufgang, die Südstraße 12. Dort ist bereits von außen ein neuer Fahrstuhlschacht erkennbar. Baukoordinator Werner Lindner zeigte den Anwesenden einige Musterwohnungen und den bisherigen Baufortschritt.

Geplant ist laut Lindner mit dem ersten der zwölf Aufgänge im Juni fertig zu sein, und dann Stück für Stück in Halbjahresschritten die jeweils weiteren Aufgänge zu sanieren. Die Tendenz ist klar, der Wohnraum soll attraktiver und altersgerecht werden, doch fällt auf, dass in zwei der drei Blöcke fast jede Wohnung leer steht. Also warum das Ganze?

„Wir bauen und sanieren hier für ein bestimmtes Klientel, dass in der Stadt Rothenburg ansässig ist“, erklärt Baukoordinator Lindner. Ist die Grundsanierung fertiggestellt, wird zumindest an jedem zweiten Aufgang ein Fahrstuhl an den fünfgeschossigen Wohnkomplexen installiert, die Wohnungen dann mit Laminat-Fußboden ausgelegt und moderne sanitäre Anlagen eingebaut sein, so der Baukoordinator. Bürgermeisterin Heike Böhm und der Technische Ausschuss freuen sich, dass auch die Südstraße in Rothenburg durch die Sanierung weiter aufgewertet wird.

Hans-Joachim Grenz und seine Ehefrau gehören zu den Erstbeziehern im Wohnkomplex. Sie leben seit über 30 Jahren in ihrer Platte und sind zufrieden. Der Senior betrachtet die nun auch in seiner Nachbarschaft anrollende Sanierung mit gemischten Gefühlen. „Ich finde es gut, dass die Wohnungen altersgerecht ausgebaut werden. Allerdings befürchte ich, dass der Mietpreis dadurch steigen wird. Auch für die Sanierung an sich müssen wir übergangsweise in eine andere Wohnung. Für Ältere ist das nicht so leicht. Bisher haben wir nur eine Information bekommen, dass wir nach Fertigstellung des ersten sanierten Blocks uns verschiedene Wohnungen anschauen können, doch wir wollen hier gar nicht weg.“

Weggezogen aus den Wohnkomplexen in der Südstraße sind indes viele. Auch die bereits sanierten Blöcke der WGO sind nicht gänzlich bewohnt. In den drei Blöcken der Hausnummern 1 bis 12 mit insgesamt 137 Wohneinheiten ist nur noch gut ein Viertel mit Mietern belegt. „Wir wollen den Mietpreis bezahlbar halten. Doch eine Erhöhung von etwa einen Euro pro Quadratmeter gerade in den Aufgängen mit Fahrstuhl wird sich nicht vermeiden lassen“, ergänzt Baukoordinator Werner Lindner. Einer der drei Blöcke wird außerdem abgerissen werden.

Die Stadt Rothenburg arbeitet indes weiter daran, ihr Leitbild zu entwickeln. Eine Studie der Hochschule Zittau/Görlitz aus dem Jahr 2010 hat ergeben, dass in Rothenburg im Durchschnitt zwei Drittel mehr Menschen sterben als geboren werden. Laut der Studie liegt das nicht nur an dem verschobenen Altersniveau, sondern auch an der Tatsache, dass viele ältere Menschen in Rothenburg ihren Lebensabend verbringen wollen und dort auch medizinische Einrichtungen, wie der Martinshof angesiedelt sind. Es erübrigt sich somit zu erklären, warum auch der Wohnraum weiter an die demografische Entwicklung angepasst werden sollte.

In den drei Wohnkomplexen der Rothenburger Südstraße folgt man nun der Leitlinie und setzt auf Aufzüge. Hans-Joachim Grenz und seine Frau freut das zwar, doch wer für die Kosten des unfreiwilligen Umzugs aufkommen soll, fragen sich beide weiterhin.