Neue Spreebrücke vor dem Aus?

Bautzen. Eines schickt der Bautzener Oberbürgermeister gleich vorweg: „Ich bin überzeugt, dass die neue Brücke eine große Chance für die Stadt wäre“, sagt Alexander Ahrens (SPD). Man schaffe mit dem Bauwerk zwischen Protschenberg und Ortenburg nicht nur für Touristen eine neue Attraktion, betont er. Die Fußgängerbrücke, komme auch den Einwohner zugute. Zum Beispiel, weil die westliche Altstadt belebt wird, weil es einen zweiten Zugang zur Ortenburg gibt, weil mehr Gäste ihr Auto an der Schliebenstraße abstellen und über die Brücke laufen, statt im Zentrum herumzukurven. Doch der OB appelliert auch: „Wir sollten nicht gleich den Kopf in den Sand stecken, nur weil Probleme auftauchen.“ Die SZ erklärt, welche Hindernisse es gibt.
Hindernis 1: Die Barrierefreiheit erhöht die Baukosten der Brücke
Die Barrierefreiheit könnte der Knackpunkt bei der Planung der Brücke werden. Das sagt Alexander Hennig, Referent für Stadtentwicklung. Damit die 130 Meter lange und 2,50 Meter breite Querung tatsächlich von allen genutzt werden kann, darf die Steigung nicht zu groß sein. Nun liegt aber der Protschenberg drei Meter tiefer als die Ortenburg. Um das auszugleichen, müsste auf der Protschenberg-Seite eine Art Podest errichtet werden. Dieser Klotz, so Hennig, könnte in den Pavillon integriert werden. Ein solches Empfangsgebäude hatte die Stadt ohnehin geplant. Doch der Klotz erhöht die Baukosten. Außerdem will die Stadt eine Spannbandbrücke errichten. Dieses Modell wird bevorzugt, weil es filigran ist und das Stadtbild nicht so stark beeinflusst. Bei einem solchen Typ ist es normal, dass die Brücke in der Mitte ein wenig durchhängt. Soll die Querung aber barrierefrei sein, darf diese Wölbung nicht zu stark ausfallen. Die Brücke muss also straff gespannt werden. Auch dadurch wird der Bau aufwendiger.
Hindernis 2: Auf dem Ortenburghof kann nur vorsichtig gebaut werden
Auf beiden Seiten ließ die Stadt den Baugrund untersuchen. Nach den Bohrungen zeigte sich: Auf der Protschenberg-Seite gibt es keine Probleme. Viel komplizierter ist die Situation auf der Ortenburg. Dort wären auf jeden Fall archäologische Grabungen notwendig. Und das ist noch nicht das größte Hindernis. Der Baugrund ist weniger massiv als erwartet. Es gibt eine breite Aufschüttungsschicht. Erst darunter befindet sich der Granit und dieser kommt auch noch mit Klüftungen daher. Es gibt also Spalten im Gestein. Außerdem könnten die Arbeiten die Gebäude auf dem Ortenburghof – zum Beispiel das Burgtheater – stark beschädigen. Deshalb kann nur sehr vorsichtig gebaut werden. „Das wiederum erhöht den Aufwand beim Bau“, so Hennig.
Hindernis 3: Stadt und Freistaat müssen über das Wegerecht verhandeln
Mit dem Bau der Brücke entsteht ein Fußweg, der ans öffentliche Straßennetz angeschlossen werden muss. Weil der Ortenburghof dem Freistaat gehört, hat die Stadt dort angefragt, ob sie das Wegerecht bekommen könnte. Doch offenbar stellt sich das Land Sachsen quer. Noch laufen die Gespräche dazu. „Aber der aktuelle Stand ist, dass wir das Wegerecht nicht bekommen, sondern stattdessen den Hof übernehmen sollen“, so Hennig. Das wiederum würde bedeuten, dass die Stadt auch für die Unterhaltung des Hofes zuständig ist. Das heißt, die Stadt müsste zum Beispiel den Winterdienst übernehmen. Im Rathaus rechnet man mit „erheblichen“ Unterhaltungsaufwendungen“. Genau beziffern kann die Stadt diesen Kostenfaktor aber nicht.
Hindernis 4: Die Stadt kann nicht genau sagen, was das Projekt kostet
Nicht nur die Kosten für den Unterhalt des Ortenburghofs sind nicht mit konkreten Zahlen untersetzt. Die Stadt kann momentan nicht einmal sagen, wie teuer die Brücke überhaupt wird. Ursprünglich ging man von einer Millionen Euro aus. Doch wenn die Stadt nun eine barrierefreie Spannbandbrücke in dieser Größe errichtet, startet sie ein Pilotprojekt, erklärt Hennig. Weil es kein vergleichbares Bauwerk gibt, könne man die Höhe der Investition nicht abschätzen. Auch zu den Unterhaltungskosten der Brücke äußert sich die Stadt nicht. Zwar steht schon fest, dass das Bauwerk beheizt werden müsste, weil anders kein Winterdienst möglich ist. Aber was das in Zahlen bedeutet, ist offen. Bei der neuen Brücke rechnet die Stadt damit, dass ein Großteil der Baukosten mit Fördergeldern bezahlt werden kann. Doch es gibt noch keine verbindliche Zusage.
Fazit: Der Brückenbau ist noch nicht vom Tisch, aber es wird schwierig
Um die Brücke zu errichten, müsste die Stadt einen steinigen Weg gehen. Bisher hat das Rathaus etwa 70 000 Euro für Untersuchungen gezahlt. Weitere 300 000 Euro sind im Haushalt für eine erste Planung vorgesehen. Doch Bautzens OB will erst einmal mit den Stadträten sprechen. In einer internen Klausur wird Anfang Oktober darüber diskutiert, ob und wie es weitergehen soll. Einen Bürgerentscheid hat Ahrens im ersten Halbjahr 2020 angekündigt.