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Platzverweis für Jogginghose

Eine Schule verbietet Schülern, in Trainingshosen zu kommen. Dabei würden manche im Elbland damit sogar heiraten.

Von Peggy Zill
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Jogginghosen können nicht nur gemütlich, sondern auch modisch sein – das zeigt Designer Kilian Kerner. Doch die Freizeithose wird scheinbar nicht überall akzeptiert.
Jogginghosen können nicht nur gemütlich, sondern auch modisch sein – das zeigt Designer Kilian Kerner. Doch die Freizeithose wird scheinbar nicht überall akzeptiert. © Britta Pedersen / dpa

Radebeul. Mit Sport hat dieses Kleidungsstück nichts mehr zu tun: Nicht jeder, der eine Jogginghose trägt, ist damit auf dem Weg zum Fußballtraining oder ins Fitnessstudio. Die Jogginghose ist die neue Jeans. Und die Schulbank kein Sofa. 

Deshalb gilt an einer Realschule in Baden-Württemberg jetzt ein Jogginghosen-Verbot. „Wir kleiden uns in der Schule angemessen. Unsere schulische Kleidung unterscheidet sich von unserer Freizeitkleidung“, heißt es in der Schulordnung. Wie akzeptiert sind Jogginghose und Co. in unseren Schulen, bei Arbeitgebern und Institutionen?

Schulen haben keine spezielle Regelung, aber es gab einen Mottotag

Im Sächsischen Schulgesetz gibt es keine spezielle Regelung zur Kleiderordnung. Die Schulen haben aber im Einzelfall das Recht, spezielle Verbote auszusprechen, wenn es notwendig ist, teilt das zuständige Landesamt für Bildung mit. 

Am Luisenstift in Radebeul ist das Verbot der Jogginghose kein Thema, wie Schulleiterin Heike Stolzenhain sagt. Am Großenhainer Werner-von-Siemens-Gymnasium sagt Schulleiter Klaus Liebtrau, die Schüler kämen angemessen gekleidet zum Unterricht.

 Bei einem am Gymnasium stattfindenden Mottotag seien die Jugendlichen tatsächlich alle einmal in Jogginghose erschienen und hätten diese Kleidung humorvoll aufs Korn genommen. „Vorschreiben und verbieten dürfen wir selbstverständlich nichts!“

Bei der Sparkasse gibt es eine deutliche Empfehlung für die Kleidung

Selbst die Sparkasse Meißen hat keine Kleiderordnung, aber eine Empfehlung für ihre Mitarbeiter. „Die empfiehlt mehr oder weniger zu Erwartendes“, so Pressesprecher Ralf Krumbiegel. Für die Herren Anzug, Anzugschuhe, Hemd und Krawatte. 

Die Damen tragen Anzug oder Kostüm, dazu Bluse, angemessenes Schuhwerk und dezentes Schmuckwerk. „Mit einem Accessoire wollen wir gegenüber unseren Kunden jedoch erkennbar sein – mit Krawatten und Tüchern im Sparkassen-Layout“, so der Sprecher. Insgesamt lebe man mit dieser Empfehlung seit Jahren gut.

Die Landesbühnen und Sternekoch schicken niemanden nach Hause

Die Landesbühnen schreiben ihren Gästen keine Kleiderordnung vor. „Es wird auch niemand nach Hause geschickt“, sagt Sprecherin Petra Grubitzsch, die sich aber freut, wenn eine Premierenklasse kommt und die jungen Leute sich richtig schick gemacht haben. „Das sieht einfach toll aus.“

Selbst im Restaurant Atelier Sanssouci in Stefan Hermanns „Villa Sorgenfrei“ kann man bedenkenlos in Jogginghosen erscheinen. Der Sternekoch und seine Kollegen schreiben den Gästen nicht vor, wie sie auszusehen oder sich zu kleiden haben. „Wir leben schließlich im 21. Jahrhundert. Demnach wurde selbstverständlich auch noch nie ein Gast aufgrund seines Outfits des Hauses verwiesen.“

Im Gericht entscheidet der Richter, was im Saal letztlich erlaubt ist

Der Zutritt zu öffentlichen Verhandlungen kann Personen versagt werden, die in einer der Würde des Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen. So steht es im Gerichtsverfassungsgesetz. Was erlaubt ist, entscheidet der Richter. 

Denn einheitliche gesetzliche Vorschriften gibt es dazu nicht, wie Amtsrichter Andreas Poth in Meißen erklärt. Prinzipiell sollte die Kleidung nicht den Verhandlungsverlauf in irgendeiner Form beeinflussen. Gegen Jogginghosen hat Richter Poth nichts, kurze Hosen würden ihm jedoch nicht gefallen. 

Und auch Kopfbedeckung ist nicht prinzipiell untersagt. „Wenn der Handwerker mit Basecap und Firmenlogo darauf reinkommt, muss er das abnehmen. Kopftücher, die aus religiösen Gründen getragen werden, sind hingegen nicht verboten.“

Bei Schlabberhosen gibt es einen freundlichen Hinweis unter vier Augen

„Es wird zur Eheschließung im Standesamt ordentliche und saubere Kleidung erwartet“, teilt Ute Leder, Pressesprecherin der Radebeuler Stadtverwaltung, mit. Schließlich seien die Standesbeamten auch ordentlich gekleidet.

 Tatsächlich gab es schon einmal ein Paar, das in Jogginghosen Ja sagen wollte. Die beiden hätten sich dann aber selbst nicht mehr gefallen und sind in anderen Sachen wiedergekommen.

Ein Mindeststandard für ein professionelles Erscheinungsbild sei in der Stadtverwaltung einzuhalten. Ähnlich ist es in Coswig. Generell, so heißt es in der Dienstanweisung, „sollte bei der Kleiderwahl darauf geachtet werden, dass Knie und Schultern bedeckt sind. 

„Das Thema Jogginghosen hatten wir noch nicht – das ist noch niemandem eingefallen. Sicherlich wäre im Fall von Schlabberhosen ein freundlicher Hinweis unter vier Augen die Folge“, erklärt Stadtsprecherin Ulrike Tranberg.

Für Brautpaare gibt es in Coswig keine Vorschriften. Und so sind Paare auch schon in Gothik-Kleidung, Bikeroutfit oder Reiterkleidung erschienen, weil sie danach nach Hause geritten sind. In Erinnerung bleibt auch die Hochzeitsgesellschaft in bayerischer Tracht. Sogar das vier Wochen alte Baby trug ein Dirndl. (mit SZ/jv)