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Plauens neuer Halbstarker

Künstler zeigen ihre Werke auf den Freiflächen im Stadtteil. Nicht jede Idee kommt gut an. Nun kommen Exponate dazu.

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© Norbert Neumann

Von Annechristin Bonß

Dem starken August will er nicht das Wasser reichen. Der unsichtbare Reiter, der seit dieser Woche auf einem güldenen Mofa Typ Herkules an der Gleisschleife Nöthnitzer Straße steht. Deshalb nennt er sich ganz bescheiden „Der Halbstarke“ und nicht „Der Starke“. Trotzdem soll die Skulptur des Künstlers Philipp Marlock an Dresdens bekanntestes Reiterstandbild erinnern. Passanten sollen die Köpfe heben, um das Gefährt zu bestaunen. Die Sonne soll das Gold zum Glänzen bringen. Eine Demonstration von Macht, Erhabenheit und auch Ironie. Denn im Grunde wird ein simples Mofa zum großen Kunstwerk.

„Der Halbstarke“ ist nur eins von drei neuen Kunstwerken, die ab Sonntag in Plauen ausgestellt werden. Die Künstlergruppe Haifische Dresden Süd-West ist dafür verantwortlich. Die Mitglieder bemühen sich seit 2008 darum, mehr Kunst auf die Freiräume im Stadtteil zu bringen. Dafür haben sie in diesem Jahr den Förderpreis der Stadt bekommen. 2011 wurden die ersten Stücke in Plauen installiert. Dazu gehört der Schokofluss, ein Band aus braun gefärbten Pflastersteinen an der Bienertmühle. Das soll an die Schokoladenindustrie in Plauen und Löbtau erinnern.

Auch die kreativ gestalteten Wände unterhalb der S-Bahn-Brücke sowie eine Anzeigetafel an der Bushaltestelle gehören dazu. „Nicht jedem gefällt das“, sagt Künstlerin Birgit Schuh. Von ihr stammt die Idee für den Schokofluss. Die Kunstwerke sollen nicht nur schön sein. „Wir sind keine Stadtteildekorateure.“ Sie sollen zum Nachdenken anregen, zum Stocken, Diskutieren, zum Zusammenkommen. So auch das vielleicht kontroverseste Kunstwerk: Am Eingang zum Tunnel an der Tharandter Straße steht ein acht mal vier Meter großer Käfig aus Metall und Stacheldraht. Der Zaun ist immerhin zweieinhalb Meter hoch. Es gibt sogar eine Tür in den abgesperrten Raum, doch die ist abgeschlossen. Eine Erklärung, was der Künstler damit sagen will, fehlt. Jeder Betrachter soll den Käfig selbst interpretieren und darauf reagieren.

Das haben die Künstler an der Gleisschleife schon vor der Fertigstellung des Halbstarken geschafft. Seit Mittwoch wurde vor Ort gebaut. Zunächst musste das Fundament für die vier Meter hohe Stele aus Metall vorbereitet werden. Die wiegt zusammen mit dem Mofa knapp zwei Tonnen. „Viele Leute blieben stehen, fragten interessiert“, sagt Christoph Rodde, der ebenfalls zu den Haifischen gehört. Die Freude darüber, dass der Platz so verschönert wird, sei groß gewesen. Auch das ist ein Ziel der Gruppe.

Dabei geht es den Künstlern nicht nur um beständige Kunst, die dauerhaft im Stadtteil zu sehen ist. Vier ihrer Projekte sind schon wieder verschwunden oder wurden nur einmalig gezeigt. So gab es am Eingang zum Bienertpark einen übergroßen Automaten, aus dem Spaziergänger nach Einwurf einer Münze literarische Botschaften in Plastikbällen bekamen. Der Wanderweg entlang der Weißeritz wurde mit QR-Codes verziert. Diese Bildchen konnten Wanderer und Radler mit dem Handy einscannen und damit interessante Hörbeiträge abspielen. Auch wurde ein Konzert im Park an der Bienert-Villa organisiert. Dabei konnten die Besucher Videofrequenzen zur Mühlengeschichte sehen.

Eine aktuelle Übersicht über die Haifische in Plauen und deren Projekte können Anwohner und Interessenten ab Sonntag sowohl an der Bienertmühle als auch an der Gleisschleife sehen. Die Inhalte darauf wurden jetzt überarbeitet.

Am Sonntag, 27. September, 11 Uhr, findet eine kostenlose Führung mit Musik zu den neuen Kunstwerken statt. Treffpunkt ist die Skulptur „Der Halbstarke“ an der Gleisschleife Nöthnitzer Straße.