Von J. Grzeszczuk und A.Bretschneider
Bogatynia. Der Wojewode von Dolno Slask (Niederschlesien) und der Chefkonservator haben jetzt den vom Hochwasser Betroffenen in Bogatynia (Reichenau) neuen Mut gemacht. Rafal Jurkowlaniec stellte fest, dass 90 Prozent der geschädigten Familien bereits ohne bürokratische Hürden je 6000 Zloty ausgezahlt bekommen haben. Bei den restlichen zehn Prozent handelt es sich um besondere Härtefälle. Sie bekommen nach einem Gutachten bis zu 100000 Zloty (25000 Euro). Mindestens 30 Wohngebäude aber müssen im Kreis Zgorzelec weggerissen werden, die meisten davon in Bogatynia und Markocice (Markersdorf).
Der Chefkonservator Wojciech Kapalczynski wies darauf hin, dass die beiden Orte in ganz Polen die meisten Oberlausitzer Umgebindehäuser besitzen. Das ist eine große Chance, sowohl aus dem polnischen Kulturfond als auch aus Brüssel zusätzliche Finanzmittel zu bekommen. Bogatynia hatte schon im Frühsommer eine große Chance bekommen: Stadt und Gemeinde erhielten aus der Hand des damaligen Sejmmarschalls und heutigen Staatspräsidenten den begehrten Titel „Teraz Polska“ („Polen jetzt“) . Voraussetzung für diese landesweit begehrte Auszeichnung war eine erfolgreiche Investitions- und Beschäftigungspolitik, die Vorbildwirkung der Kommune und das sehr gute Zusammenwirken der öffentlichen Ämter mit den Einwohnern. „Ich bin überzeugt, dass der ehrenvolle Titel „Teraz Polska“ die Stadt und Gemeinde Bogatynia beflügeln wird, ihren Einwohnern den erreichten Lebensstandard weiter zu verbessern und ihren Unternehmen sowie öffentlichen Einrichtungen die vorteilhafte Schaffensatmosphäre zu erhalten“, hatte Bronislaw Komorowski geschrieben. Das rot-weiße Logo mit der Unterschrift des Bürgermeisters Andrzej Grzmielewicz ist am Ortseingang und beim Rathaus zu sehen. Dort erfüllte es die Einwohner zwei Monate mit Stolz.
Dann kam der 7. August und nichts war mehr wie vorher. Die Miedzianka (Küpper) vernichtete binnen weniger Stunden das Werk von Jahrzehnten. Der sonst so unscheinbare Bach verwandelte sich durch die gewaltigen Niederschläge, ausgehend vom tschechischen Hermanice (Hermsdorf) über das polnische Markocice hinein nach und durch Bogatynia zum reißenden Fluss. Vor allem die in der Talaue befindlichen, bis über zweihundert Jahre alten Umgebindehäuser fielen den Wassermassen zum Opfer (die SZ berichtete).
Es kann kein Trost sein, dass sich laut Radio Wroclaw talabwärts nur vier Millionen Kubikmeter in die Braunkohlengrube Turow ergossen. Dieser Durchbruch und dieRegenmengen führten zur Evakuierung der Sonnabendschicht und damit zur zeitweiligen Einstellung der Braunkohlenförderung.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn auch nur eine der vier über einhundertjährigen tschechischen Talsperren im Einzugsgebiet der Neiße gebrochen wäre. Für Grube und Kraftwerk Turow hätte es das vorzeitige Ende sein können.