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Enttäuschung für polnische Pendler

Ab 4. Mai lockert Polen viele Corona-Auflagen. Doch an den Grenzen gibt es nichts Neues.

Von Sebastian Beutler
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Hunderte haben am Freitagabend auf beiden Seiten der Grenze gegen die Schließung protestiert. Dazwischen: die polnische Polizei.
Hunderte haben am Freitagabend auf beiden Seiten der Grenze gegen die Schließung protestiert. Dazwischen: die polnische Polizei. ©  SZ-Archiv / Nikolai Schmidt

Einkaufen, Sport und sogar Hotels - Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat soeben Lockerungen für weite Teile der polnischen Wirtschaft ab 4. Mai verkündet.

So sollen ab Montag Einkaufszentren und einige Sporteinrichtungen wieder öffnen, auch Hotels und Pensionen. Reha-Einrichtungen können ebenso wieder arbeiten wie auch  Bibliotheken, Museen und Kunstgalerien, wenn die lokalen Behörden das zulassen. Kitas und Krippen werden die Kinder von berufstätigen Eltern ab 6. Mai wieder betreuen.

Das alles geschieht unter strengen Hygieneauflagen. So darf sich in den Einkaufszentren nur eine Person pro 15 Quadratmeter Ladenfläche aufhalten, Aufenthaltsbereiche dürfen nicht genutzt werden. Massagesalons dürfen erst einmal nicht öffnen. Bei Museen und Kitas haben die lokalen Behörden das letzte Wort.  "Wir öffnen die Wirtschaft konsequent, aber wir lockern nicht die Hygienevorschriften", erklärte Premierminister Mateusz Morawiecki. Er ermahnte die Polen, nur zur Arbeit, zum Einkaufen und in gesundheitlich wichtigen Angelegenheiten aus dem Haus zu gehen. 

In Polen gibt nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Mittwoch derzeit 12 415 bestätigte Coronavirus-Fälle und 606 Todesopfer. 

Kein Wort des Regierungschefs zu Berufspendlern

Kein Wort ist in der Erklärung aber zu den Polen zu finden, die in Deutschland arbeiten und wegen der Quarantäneregelung sowie den Grenzkontrollen derzeit nicht zu ihrer Arbeit kommen können.  Die Regierung in Warschau hatte Mitte März im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie die Grenzen für Ausländer geschlossen. Berufspendler müssen nach ihrer Rückkehr nach Polen zwei Wochen nach Hause in Isolation.  Allein Mitgliedsfirmen des Unternehmerverbandes Niederschlesien, der den nördlichen Landkreis abdeckt, geben deren Zahl mit 1.169 Personen aus Polen und 34 aus Tschechien an. Sie hatten jetzt auf Erleichterungen gehofft.

Tschechische Arbeitnehmer können wieder nach Deutschland arbeiten kommen, müssen sich aber in regelmäßigen Abständen einem Corona-Test unterziehen. Das hat erhebliche Kritik ausgelöst.

Unternehmerverbände, die deutschen und polnischen Politiker aus der Grenzregion setzen sich für Erleichterungen für die Arbeitspendler ein. Der Görlitzer Oberbürgermeister und sein Amtskollege aus Zgorzelec hatten sich in einem gemeinsamen Beitrag für die Sächsische Zeitung für offene Grenzen so schnell wie möglich ausgesprochen und beschrieben, wie sie Veränderungen der Lage in Berlin und Warschau versuchen zu erreichen.

Am vergangenen Freitag hatte es auf der Stadtbrücke in Görlitz und Zgorzelec eine Demonstration von polnischen Arbeitnehmern, die in Deutschland arbeiten, gegeben. Sprachen die Organisatoren anfangs von einem Spaziergang an der Grenze, so kamen am Ende viel mehr Betroffene als gedacht.  

Auch Deutschland will weiter kontrollieren

Auch Deutschland hält an seinen Grenzkontrollen fest. So liegt dem Corona-Kabinett der Bundesregierung ein Vorschlag von Bundesinnenminister Horst Seehofer vor, die Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz bis zum 15. Mai zu verlängern. An den Grenzen zu Tschechien und Polen wird wie auch an den Übergängen nach Belgien und den Niederlanden nicht kontrolliert. Allerdings intensivierte die Bundespolizei ihre Überwachung innerhalb der 30-Kilometer-Grenze. Menschen, die weder deutsche Staatsbürger sind noch auf Dauer im Land leben, müssen sich nach ihrer Einreise nach Deutschland in eine zweiwöchige Quarantäne begeben.

Zugleich verlängerte die Bundesregierung die Reisewarnung bis Mitte Juni. Vor diesem Datum soll dann in  Abstimmung mit den EU-Nachbarn neu entschieden werden. 

Nächste Lockerungen frühestens in zwei Wochen

Premierminister Morawiecki stellte weitere Lockerungen im 2-Wochen-Rhythmus in Aussicht. So sollen in einer dritten Phase wieder Restaurants und Cafes, Friseure und Kosmetiksalons öffnen. Auch die Klassen 1 bis 3 könnten dann wieder in die Schule gehen. Der Besuch von Theatern und Kinos sowie Versammlungen bis 50 Personen sollen in einer vierten Phase möglich werden. Bis dahin müssen sich auch Solarien und Fitnessstudios gedulden.

Seit 20. April durften Polen sich bereits wieder in Parkanlagen aufhalten oder durch Wälder spazieren, auch wurden die Auflagen für Geschäfte und Kirchen gelockert. 

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