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Politik in Corona-Zeiten ist alles andere als einfach

Politiker müssen zwischen Lockerungen und Verboten abwägen. Dabei entstehen fast zwangsläufig Ungerechtigkeiten. Ein Kommentar.

Von Thilo Alexe
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Thilo Alexe ist Politikredakteur für Sächsische.de/Sächsische Zeitung.
Thilo Alexe ist Politikredakteur für Sächsische.de/Sächsische Zeitung. © dpa-Zentralbild

Ja, Kritik daran ist möglich. Doch dass Bund und Länder als Gegenmittel zur Corona-Pandemie das öffentliche Leben rasch und kompromisslos heruntergefahren haben, entpuppt sich mit Blick auf gedrosselte Krankheits- und Sterblichkeitszahlen als immense Leistung. Gleichzeitig packten Regierungschefs die Bazookas aus, wie SPD-Vizekanzler Olaf Scholz sagte. Der Staat knallt aus vollen Rohren – so die Botschaft des martialischen Vergleichs – das Geld dorthin, wo es gebraucht wird. Selbst Sachsen rückte vom 2014 mühsam besiegelten Verschuldungsverbot ab. Vor Corona undenkbar.

Derweil wird der Ruf nach Lockerungen lauter. Er kommt aus vielen Kehlen und ist verständlich. Eltern wollen Unterricht für ihre Kinder in Schulen. Gastronomen wollen Schankstuben öffnen. Reiseunternehmer wollen ihre Busse auf die Straße und über Grenzen schicken. Flankiert wird das von Ansätzen zurückkehrender Routine. Beschränkungen wurden gelockert. In Dresden fahren Straßenbahnen bald wieder im Vor-Corona-Takt.

Politik muss wie kaum sonst abwägen zwischen Gesundheitsschutz und einem Bündel aus berechtigten Wirtschafts- und Alltagsinteressen. Nach Lockdown und dem Mündungsfeuer der Finanzbazooka benötigt es nun etwas Drittes: Regelungen dafür, wie so etwas wie Normalität trotz Pandemie hergestellt werden kann. Alltag mit Abstand – leicht ist das nicht, aber machbar. Wie bislang wird dabei auch Merkwürdiges, vielleicht sogar Ungerechtes entstehen. Darf man, wie es Bayern regelte, mit Buch auf keine Bank?

Es braucht die kritische Begleitung. Und allen muss klar sein, dass ein rapider Anstieg der Fallzahlen das Risiko ist, das ein solcher Alltag birgt. Ein Risiko, das zu verschärften Regeln und mehr Kranken führen kann. 

Wahrscheinlich ist es noch schwerer, aus dem Shutdown heraus- als hineinzukommen. Doch wer den Sinn des Herunterfahrens bezweifelt, sollte nach Frankreich schauen. Dort hat das Lahmlegen öffentlichen Lebens im März nach Expertenrechnung dazu geführt, dass 60.000 Todesfälle vermieden wurden. Bei 67 Millionen Einwohnern mag das prozentual als geringer Wert erscheinen, menschlich ist es ein unermesslicher.