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„Politik ist ein Geschäft der Kompromisse“

Die SZ stellt vor der Stadtratswahl die Spitzenkandidaten der Listen vor. Heute: Andreas Näther von der SPD.

Von Antje Steglich
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Andreas Näther auf der Hauptstraße in Riesa. Für den Boulevard braucht es ein Konzept, findet er.
Andreas Näther auf der Hauptstraße in Riesa. Für den Boulevard braucht es ein Konzept, findet er. © Sebastian Schultz

Riesa. Die Sonne scheint warm auf Riesas Hauptstraße herunter. Die Geschäfte sind gut besucht an diesem Vormittag – auf einer Bank vor dem Filmpalast trifft die SZ Andreas Näther zum Interview. Der 60-Jährige ist Spitzenkandidat der SPD für die Stadtratswahl im Mai. Und obwohl die Partei in der Stadt zuletzt keinen guten Stand hatte, gibt sich Andreas Näther kämpferisch.

Mit drei Stadträten hält die SPD derzeit gerade noch den Fraktionsstatus. Und nur fünf Kandidaten treten überhaupt noch für die Volkspartei an. Es gab Zerwürfnisse, Austritte. Horst Hofmann, einst Gründungsmitglied des SPD-Ortsvereins, steht jetzt auf der Liste der CDU. Ex-Ortsvereinschef und Stadtrat Hannes Keuerleber auf der Liste der Linken. 

„Ich bin froh, dass das zur Geschichte gehört“, sagt Andreas Näther, „es muss aber erst einmal Ruhe einziehen. Wir sind noch nicht so weit, dass wir offensiv neue Mitglieder suchen.“ Er selbst hat seit vergangenem Jahr den Hut in der Riesaer SPD auf, obwohl er als Kreisrat und Geschäftsführer des Vereines Sprungbrett mit mehr als 40 Mitarbeitern lieber in der zweiten Reihe geblieben wäre. 

Doch es sei eben schwer, Leute zu finden, die sich engagieren wollen. Seine Mit-Kandidaten Manfred Kuge, Thiemuth Weinert, Roland Höhne und Ralf Legler wollen das. Ihr gemeinsames Ziel: Soziale Themen mitzugestalten, „die Leute sollen hier gut leben können.“ Das bewegt Andreas Näther schon seit seiner Jugend.

Aufgewachsen in Mittweida, hört er schon früh mit seinen Eltern Deutschlandfunk und beschäftigt sich in der Jungen Gemeinde und in der Schule mit Friedens- und Umweltfragen. Während seiner Ausbildung zum Jugenddiakon kommt er nach Riesa. „Die Arbeiterstadt hat mich gereizt.“ Andreas Näther bleibt. Und wird aktiv. Er installiert unter anderem die kritische Musikveranstaltung „Puzzle“ mit, thematisiert die Verschmutzung der Elbe genauso wie Abrüstungsfragen. 

Er prägt das Neue Forum in Riesa zur Wendezeit und will die Stadt auch danach aktiv mitgestalten. Weil aus dem Forum keine Partei wird, muss er sich entscheiden. „Die Linken aus dem Neuen Forum gingen eher in die SPD, die Konservativen zum Demokratischen Aufbruch, später CDU“, erklärt Andreas Näther heute. Sein sozialer Ansatz habe ihn zur SPD getrieben. Dort blieb er. Und dort wird er auch bleiben. 

„Ich bin kein Springer“, sagt der vierfache Familienvater und fünffache Großpapa. „Solche Wechsel sind auch für den Bürger immer schwer zu erklären“, findet Andreas Näther – gleichwohl er betont: „Auch in jeder Partei gibt es unterschiedliche Meinungen. SPD ist nicht gleich SPD. Und CDU ist nicht gleich CDU.

 Aber der Diskurs ist ja auch wichtig.“ Dabei sehe er es als Aufgaben der SPD, neben dem ökonomischen Blickwinkel den sozialen nicht aus den Augen zu verlieren und die kommunalen Themen auf den Tisch der Landes- und Bundesebene zu heben. – Für Riesa hat sich die SPD vor allem das Thema Stadtentwicklung auf die Fahnen geschrieben. 

Dazu gehöre nicht nur ein Konzept für die Hauptstraße, sondern auch ein Verkehrskonzept für die Stadt, sagt Andreas Näther. Die aktuelle Bürgerbefragung sei bereits ein guter Anfang. Er warnt allerdings davor, sich mit Blick auf mögliche Fördermittel zu Schnellschüssen hinreißen zu lassen.

 Zudem habe man seiner Meinung nach bislang das Thema Barrierefreiheit vernachlässigt: „Da haben wir noch Nachholebedarf.“ Und auch die Stadtteilarbeit – das Schaffen von Treffpunkten, die weitere Sanierung der Schulen und ein professioneller Rahmen für Ehrenamt und Feuerwehr stehen auf der Agenda der SPD.

Ob Andreas Näther dafür Ende Mai wiedergewählt wird, bleibt abzuwarten. 2014 bekam die SPD in Riesa etwa 3 500 Stimmen, das waren etwas mehr als zehn Prozent. Für ihn persönlich stimmten 713 Riesaer. „Die Politik ist ein Geschäft der Kompromisse“, sagt Andreas Näther, „ob die Wähler das immer so gut finden, weiß ich nicht.“

 Ziel für die anstehende Kommunalwahl auf Stadt- und Kreisebene sei, dass seine Partei den Fraktionsstatus hält. „Daran arbeiten wir.“ Bürgerstammtische und Aktionen auf dem Mannheimer Platz, in Weida und Gröba sollen dabei helfen.

Wenig Zeit also für den Privatmann Andreas Näther, der gern am Haus in Gröba werkelt oder bis nach Strehla auf dem Elberadweg skatet, um mal wieder den Kopf frei zu bekommen. Der oft die Enkel zu Besuch hat und mit der Ehefrau abseits der „Planschbeckenhotels“ die Länder dieser Erde erkundet: Iran und Usbekistan zum Beispiel. Auch dort will Andreas Näther den Menschen begegnen, mit ihnen reden. Die soziale Ader lässt ihn selbst im Urlaub nicht los.