Von Frank Oehl
„Mit vorschnellen Äußerungen sollte man vorsichtig sein“, hieß es jetzt in einer anonymen E-Mail. Sie bezog sich auf den SZ-Beitrag „Gesehen“ vom Montag. Offenbar war im Rahmen einer bundesweiten Aktion auch in Laußnitz ein Privatobjekt nach kinderpornografischen Beweismitteln durchsucht worden. „Man muss vorsichtig sein, denn wie schnell gerät man in Verruf und am Ende bestätigt sich der Verdacht nicht“, schrieb uns der anonyme SZ-Online-Leser. Damit standen zwei Fragen, teilweise unausgesprochen im Raum: „War das Vorgehen der Polizei gerade im Ländlichen, wo jeder jeden kennt, angemessen? Und: Wer sorgt sich um die Rehabilitierung der Verdächtigen. Offiziell bestätigen wollte den Einsatz in Laußnitz auch beim Landeskriminalamt (LKA) niemand. Die Behörde hatte am vergangenen Freitag den Großeinsatz in Sachsen koordiniert. In 70 sächsischen Wohnungen und Büros waren insgesamt 100 Computer, 10 000 CD, 2000 Videos und weiteres Material beschlagnahmt worden. Die Operation „Pecunia“ war möglich geworden, nachdem das FBI Adresslisten von einem bereits 1999 in den USA stillgelegten Server herausgegeben hatte. Die Kunden – u. a. in Deutschland – hatten für das Herunterladen von Kinderpornos usw. mit ihren Kreditkarten bezahlt, als handelte es sich dabei um das gewöhnlichste Geschäft der Welt. Ist es aber nicht (siehe Hintergrundkasten). Schon der Besitz von Kinderpornos ist strafbar.
Auf den konkreten Fall bezogen, war sich Lothar Hofner vom LKA allerdings sicher: „Hier liegt wirklich schwerwiegender Anfangsverdacht vor.“ Über die Kreditkarten-Angaben war man beim FBI natürlich an die Adresslisten herangekommen. Nach fast drei Jahren Ermittlungen, standen jetzt die Polizisten bei den Kreditkarten-Besitzern vor der Tür – mit Hausdurchsuchungsbefehl. „Der Besitzer muss jetzt erklären, wer sonst noch Zugriff hatte, wenn er es selbst nicht gewesen sein will.“ Außerdem spreche die Menge des beschlagnahmten Materials schon jetzt eine klare Sprache: „Wir waren bereits fündig und werden es weiterhin sein.“ In den kommenden Wochen wird beim LKA jede Festplatte, jedes Video, jede Diskette durchwühlt. Mit der Anonymität des Internets soll es ein für alle Mal vorbei sein.
Der Einsatz in Laußnitz wurde zwar nicht ausdrücklich bestätigt, aber die Tatsache, dass der Bereich der Polizeidirektion Bautzen gleich mehrfach betroffen ist. „Wir haben hier insgesamt 11 Objekte durchsucht“, so Hofner. Von einem „Schwerpunkt“ will er zwar ausdrücklich nicht sprechen, aber die Zahl spricht bei sachsenweit 70 Einsätzen natürlich eine eigene, ziemlich klare Sprache. Und, wie ist es nun mit der Rehabilitation von Unschuldigen? Da erinnert Hofner an einen einzigen Fall aus dem Raum Freiburg. Tatsächlich war da mal ein Geschäftsmann unglücklich ins Visier geraten. Nicht er hatte Schmuddelkram runtergeladen und konsumiert, sondern der Sohnemann. „Aber auch da hat man natürlich in der Familie eine Mitverantwortung, oder?“