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Praxistest mit Aha-Effekt

An der Förderschule sammeln zwei Studentinnen erste praktische Erfahrungen. Die sind etwas anders als erwartet.

Von Cathrin Reichelt
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Klara Andrä (links) und Luise Pawlik studieren an der Leipziger Universität Lehramt für Sonderpädagogik mit dem Fach Grundschuldidaktik. An der Förderschule Waldheim sammeln sie erste praktische Erfahrungen an einer Sonderschule.
Klara Andrä (links) und Luise Pawlik studieren an der Leipziger Universität Lehramt für Sonderpädagogik mit dem Fach Grundschuldidaktik. An der Förderschule Waldheim sammeln sie erste praktische Erfahrungen an einer Sonderschule. © Dietmar Thomas

Waldheim. Sie haben dieses Studium ganz bewusst gewählt und die Hälfte bereits hinter sich. Trotzdem wird Klara Andrä und Luise Pawlik erst jetzt so richtig deutlich, was ihnen ihr zukünftiger Beruf abverlangen wird. Die beiden jungen Frauen studieren Lehramt für Sonderpädagogik mit dem Fach Grundschuldidaktik. In Waldheim unterrichten sie erstmals an einer Lernförderschule. Zwar gab es schon andere Praktika, jedoch an Regel-Grundschulen. Der Unterschied ist beträchtlich.

Für den Tag, an dem sie zum ersten Mal vor einer Förderschulklasse stehen, haben sich Klara Andrä und Luise Pawlik viel vorgenommen. Zu viel, wie sich schnell herausstellt. Die Mädchen und Jungen der ersten Klasse sollen das „L“ in Schreibschrift üben, die der zweiten Klasse das „W“ wiederholen. Aber das dauert viel länger, als die beiden 21-jährigen Studentinnen vermutet haben. „Wir müssen uns erst auf das Lerntempo einstellen. Jede Klasse und jeder Schüler ist anders“, meint Klara Andrä.

Sie wolle nicht nur Stoffvermittler sein, sondern auch Erzieher und Zuhörer, erklärt sie, weshalb sie sich für dieses Studium entschieden hat. Für Luise Pawlik ist es eine Herausforderung, nicht nur eine normale Grundschulklasse zu unterrichten, sondern Schüler, die eine noch intensivere Betreuung benötigen.

Genau vor einem Jahr habe sie mit der zweiten Klasse in der Regel-Grundschule das Jahr, die Monate und Wochentage behandelt und in den Kalender Daten eingetragen. „In der Förderschule stehen die Monate erst viel später auf dem Stundenplan“, sagt sie und beide Studentinnen macht es etwas nachdenklich, dass manches Kind die Monate und sogar den eigenen Geburtstag noch nicht kennt. „Man geht mit anderen Erwartungen an ein solches Thema heran, weil man von seinem eigenen Wissen ausgeht“, so Luise Pawlik.

In den ersten Tagen haben sie im Unterricht nur hospitiert und festgestellt, dass die Kinder darauf warten, etwas vorgegeben zu bekommen. Neugier und Eigeninitiative sei nur bei wenigen vorhanden. „Wir wussten das, müssen uns aber noch mehr darauf einstellen“, sind sich beide einig.

Dabei helfen den Studentinnen ihre Mentorinnen. Die gestandenen Lehrerinnen unterstützen die jungen Frauen nicht nur in fachlicher Hinsicht. Sie legen auch Wert darauf, die Charaktere der Kinder zu erklären. „Wir müssen die Hintergründe kennen, um zu verstehen, weshalb sich ein Kind gerade so verhält. Dann können wir auch besser darauf eingehen“, meint Luise Andrä. In der Beziehung sei es positiv, dass in den Klassen maximal zehn bis zwölf Mädchen und Jungen lernen. Schade finden es die jungen Frauen, dass sie nur für vier Wochen in Waldheim sind. An der Förderschule fühlen sie sich gut aufgehoben und unterstützt. „Wir wurden hier sehr herzlich aufgenommen, anderswo hatten wir auch schon das Gefühl, den Lehrern zur Last zu fallen“, erzählen sie.

Deshalb hört ihr Engagement auch nicht auf, wenn sie die Förderschulklassen nach dem Unterricht verlassen. Klara Andrä und Luise Pawlik haben außerdem schon beim Lesewettbewerb in der Jury gesessen, sie helfen, die Kinder nach der Schule in den richtigen Bus zu setzen und übernehmen in der großen Pause die Hofaufsicht. Dort sei die Lautstärke und die Wortwahl der Kinder auch eine andere als an Regel-Grundschulen.

All das zu erleben und kennenzulernen ist den Studentinnen sehr wichtig. Anfangs sei das Studium sehr theoretisch gewesen. Auch die Didaktik, also das Lernen, wie ein Lehrer unterrichtet, sei zu kurz gekommen. Deshalb sind sie froh über den Ausflug in die Praxis, der sie positiv überrascht und in ihrer Berufswahl bestätigt hat.