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Preisgekrönte Nervensägen

Ehrung. In Dresden wurden die besten Schülerzeitungen Sachsens ausgezeichnet.

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Von Thomas Bärsch

Das orangene T-Shirt muss immer sein, das dunkle Sakko auch, und die blauen Jeans dürfen natürlich ebenso wenig fehlen. Wenn Florian Zimmer und seine Kollegen bei offiziellen Anlässen auftreten, dann meist in diesen Textilien. Marketing-Fachleute nennen das „Corporate Design“ – Unternehmensoptik.

Doch Florian ist an diesem Sonnabendnachmittag nicht als Vertreter eines Unternehmens nach Dresden gekommen, der gleich gekleidete Marco Frömter auch nicht. Florian und Marco sind Schüler am Oberland-Gymnasium in Seifhennersdorf. Gemeinsam mit ihrer Mitschülerin Anne Badeja haben sie in der ersten Reihe des Studiotheaters im Kulturpalast Platz genommen. Sie warten mit 300 anderen überwiegend jungen Gästen auf die Verleihung des sächsischen Jugendjournalisten-Preises.

Die Plätze sind knapp

Dabei haben die Seifhennersdorfer noch Glück: Sie dürfen sitzen. Denn das mit 192 Stühlen ausgestattete Studiotheater ist hoffnungslos überfüllt. „Da müssen die, die unangemeldet da sind, gefälligst ihre Plätze räumen“, fordert eine Frau an der Saaltür. Ihr Schimpfen geht in dem Gewirr aus Stimmen und in dem Klingeln unter, das sonst die Vorstellungen im Theater einläutet.

Jetzt läutet es eine Vorstellung ein, die ganz ohne Schauspieler auskommen wird. Zwei Vereine, die Jungen Medienmacher Sachsen aus Dresden und die Jugendpresse Sachsen in Leipzig, haben gemeinsam mit dem sächsischen Kultusministerium den Jugendjournalisten-Preis ausgeschrieben. In ihren Mitteilungen an die Medien nennen sie den Preis „Schülerzeitungs-Oscar“. Der ist in seiner Ausführung für die Erstplatzierten der fünf Hauptkategorien mit 30 Zentimetern genau 4,4 Zentimeter kürzer als der bekannte Filmpreis, und er besteht auch nicht aus mit 24-karätigem Gold überzogenem Edelmetall-Gemisch, sondern aus silbern angemaltem Holz, kunstvoll umwickelt mit rot ummanteltem Draht.

Die Figuren stehen auf einem Tisch neben der Bühne, nicht sichtbar fürs Publikum. Sie werden während der Veranstaltung so nach und nach aus ihrem Versteck geholt und den Preisträgern übergeben.

Die Preisträger sind Mädchen und Jungen aus ganz Sachsen, die eines verbindet: Sie machen Schülerzeitungen – wie etwa Florian und seine Mitstreiter. Ihre Zeitung heißt „Wooling“ und kassiert gleich zwei erste Preise: als beste Schülerzeitung eines Gymnasiums und als bester Internet-Auftritt. Marco Frömter darf sich zudem über den zweiten Platz in der Kategorie „Autoren“ freuen.

250 Euro Starthilfe

Doch nicht nur die in Einheitskleidung erschienenen Gymnasiasten aus Seifhennersdorf gehören zu den Gewinnern. 21 Schülerzeitungen und Autoren werden ausgezeichnet. 100 hatten ihre Beiträge zu diesem Wettbewerb eingereicht. Der sächsische Jugendjournalisten-Preis ist damit nach der Teilnehmerzahl der größte in Deutschland.

Das weiß auch Hans-Jörg König zu schätzen. Der Staatssekretär im Dresdner Kultusministerium vertritt an diesem Nachmittag Minister Steffen Flath, den Schirmherrn des Preises. Und er sorgt für eine kleine Überraschung: Das Kultusministerium will Schülerzeitungen, die sich neu gründen, 250 Euro Starthilfe zahlen. „Schülerzeitungen sind für die Schüler da und nicht für die Lehrer“, sagt König und beruft sich damit auf den Ausspruch eines Schulleiters. „Ihr seid noch ein bisschen zu brav“, gibt Jens Hübel von der Jugendpresse Sachsen zu bedenken und fordert die Schülerzeitungen auf, noch frecher und provokativer zu werden. Viele sind schon frech und haben sich zu wahren Nervensägen entwickelt, die nicht immer das schreiben, was ihre Lehrer wollen.

An einem Strang ziehen

Was jedoch nicht den Umkehrschluss zulässt, dass schlecht ist, was Lehrern gefällt. Philipp Knorr ist Lehrer an der Anne-Frank-Schule in Radebeul, einer Schule für geistig Behinderte. Er betreut die Schülerzeitung „Radeb Eule“. „Wir haben zum ersten Mal an diesem Wettbewerb teilgenommen“, sagt Knorr – und gewonnen: Die Zeitung holt den zweiten Preis in der Kategorie „Förderschule“. Sie lebt vor allem davon, dass viele Leute an einem Strang ziehen.

„Teamarbeit“ ist ein Schlagwort, das an diesem Nachmittag oft fällt. Anne Badeja vom Seifhennersdorfer Gymnasium hält sie für ebenso wichtig wie Lea Seeber aus Meißen. Lea lernt am Landesgymnasium St. Afra und belegt mit ihrer Schülerzeitung nach den Seifhennersdorfern den zweiten Platz.

Nicht alle Teilnehmer an der Preisverleihung finden hohe Worte. „Ich mache einfach mit, weil mir das Schreiben Spaß bereitet“, sagt Martin Rosch vom Berufsschulzentrum Schwarzenberg. Mit der Zeitung „Hofgarten intern“ holen er und seine Mitschüler den ersten Preis in der Kategorie „Berufsbildende Schulen“. Und das ganz ohne Einheitskleidung.

www.jugendjournalistenpreis.de