Von Franziska Günther
Ein vierter Platz bei der internationalen ostdeutschen Meisterschaft im Bodybuilding – damit hätte Ingo Scheinpflug nie gerechnet. Geschafft hat es der 25-Jährige trotzdem. „Ich trainiere erst seit 2004 regelmäßig im Fitnessstudio, die Meisterschaft im November in Magdeburg war mein erster Anlauf“, sagt der Pretzschendorfer.
Angefangen hatte alles vor vier Jahren. Mit Anfang 20 sah sich Ingo Scheinpflug begeistert Wrestling-Kämpfe im Fernsehen an, eine Show-Sportart, die an Ringen erinnert. Die Begeisterung ließ ihn nicht mehr los, und er meldete sich im Fitnessstudio an. Sein Traum: „Einmal auf einer Wettkampfbühne vor einer Jury zu posieren.“
Drei Jahre lang stemmte der hauptberufliche Polsterer Gewichte und trainierte sich 15 Kilogramm Muskelmasse an. „Acht Wochen vor dem Wettkampf habe ich mich streng nach einer Diät ernährt, mehr Eiweiß, weniger Fett“, erzählt der Bodybuilder.
Das bedeutet: täglich Pute, Reis und Vollkornbrot statt Schokolade und Kuchen. Ernährung, so der 25-Jährige, stehe beim Sport des Körperkults an erster Stelle. Einen Tag vorm Wettkampf wird es noch härter. Einen halben Liter Wasser hat Scheinpflug da nur noch getrunken. Das unterstreiche die Muskeln beim Posieren auf der Bühne noch besser, erklärt er. Damit im gleißenden Scheinwerferlicht keine Körperpartie übersehen wird, schmieren sich die Muskelmänner mit Körperöl ein. Rund eine Stunde dauert diese Prozedur.
Früher hat sich Scheinpflug oft über Reaktionen der Leute bei seinem Anblick geärgert. „Manche fangen an zu tuscheln, manche sagen gleich, dass alles nur gespritzt sei. Heute bringt mich das nicht mehr aus der Fassung“, sagt er.
Mit Spritzen meint der junge Mann Doping, also das Verwenden unerlaubter Substanzen zur Leistungssteigerung. Das Thema taucht häufig auf, wenn über Bodybuilding gesprochen wird.
Auf vieles verzichtet
Häufig zu unrecht und häufig zu schnell, wie der Pretzschendorfer findet. „Alles wird in einen Topf geworfen. Kaum einer sieht, wie viel Disziplin dazugehört, um den Körper in Wettkampfform zu bringen.“
Er selbst setzt auf eisernes Durchhaltevermögen und steckt dafür vieles zurück. Vier- bis fünf- mal in der Woche trainiert er eineinhalb Stunden im Fitnessstudio, in Wettkampfzeiten finden Kino- oder Diskoabende ohne ihn statt. Genauso schwer ist es, eine Freundin zu finden, die Verständnis für den Sport aufbringt. Doch seine Familie steht hinter ihm. Obwohl das nicht immer so war: „Am Anfang haben mich schon alle belächelt, aber als ich mit dem Pokal nach Hause kam, hat sich das schlagartig geändert“, erzählt er.
Seit vier Jahren betreut ihn die Sporttherapeutin Corinna Walter. Scheinpflug trainiert nicht nur in ihrem Höckendorfer Fitnessstudio, sondern sie begleitete ihn auch zum Wettkampf. „Er ist der erste Sportler aus meinem Studio, der eine Medaille gewann. Das macht mich schon stolz“, sagt sie.
Das nächste Ziel des 25-Jährigen sind die internationalen ostdeutschen Bodybuildermeisterschaften im Frühjahr. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Gesellschaft seinem Sport mit weniger Misstrauen begegnet.