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Priestewitz will sich bis zur Elbe ausdehnen

Die Gemeinde liebäugelt mit Ortsteilen von Diera-Zehren und bietet Gespräche an.

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Von catharina Karlshaus

Es kommt eigentlich noch viel zu früh. Aber manchmal muss man die Dinge eben nehmen, wie sie einem das Leben beschert. Besonders dann, wenn sie gewissermaßen auf dem Silbertablett serviert werden könnten. Ein Tablett, das sich seit Ende Januar unter der Last einer ganzen Gemeinde biegt. Diera-Zehren – nach dem Zusammenschluss per 1. Januar 1999 eine Großgemeinde mit 21 Ortsteilen links und rechts der Elbe – dass sich per Ratsbeschluss aus der ungeliebten Zwangsehe befreien will. Wenn es sein muss, mit aller Macht gewissermaßen durch eine Selbstauflösung, indem sich jeweilige Ortsteile abspalten. Beispielsweise nach Meißen einerseits oder – geografisch sinnvoll und naheliegend – nach Priestewitz eben andererseits.

Räte wollen Lage sondieren

Doch wie kommt dieses Ansinnen so plötzlich? Hatten sich nicht die Bürger von Diera-Zehren in einem Bürgerentscheid 2011 klar gegen eine Fusion mit der Großen Kreisstadt Meißen ausgesprochen? Und hatten die Räte nicht selbst im Jahr zuvor noch beschlossen, dass eine Trennung unter allen Umständen zu verhindern ist? Ein Beschluss, den sie in ihrer Sitzung Ende Januar mit ihrem Votum nun aber selbst aufhoben. Sie plädierten mehrheitlich dafür, dass sich einzelne Ortsteile abspalten können. Ortsteile, die mit Diera, Golk, Karpfenschänke, Kleinzadel, Löbsal, Naundörfel, Nieschütz und Zadel eng an Priestewitz angrenzen.

Kein Wunder also, dass sich die dortigen Gemeinderäte nebst Bürgermeisterin Susann Frentzen (parteilos) auf den Plan gerufen fühlen. „Es ist an dieser Stelle naheliegend, dass wir uns nun auch Gedanken machen“, bestätigt die Priestewitzer Verwaltungschefin. Praktisch bedeute dies, dass sie kürzlich hinter verschlossenen Türen mit ihren Räten gesprochen habe und man sich laut Frentzen einig ist, möglichen Verhandlungsabsichten der Nachbarn positiv zu begegnen. Heißt im Klartext: „Wir nehmen gern Ortsteile bei uns auf und stehen etwaigen Gesprächen offen gegenüber“, bestätigt Susann Frentzen. Aus diesem Grund soll auch in der Gemeinderatssitzung kommende Woche eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um in den nächsten Monaten die Lage zu sondieren.

Klare Absichten, die so uneigennützig freilich nicht sind. Zwar konnten sich die Priestewitzer allein im vergangenen Jahr über 152 Neuankömmlinge freuen. Der ganz große Zuzug wurde der insgesamt 3293 Einwohner zählenden Großgemeinde mit 22 Ortsteilen aber nicht beschert. Allerdings: Auch Priestewitz wird den Bestrebungen des Freistaates nicht entkommen, der im ländlichen Raum nun einmal Strukturen von 5 000 Einwohnern vorsieht.

Mit der Eingemeindung von Diera böte sich jetzt völlig unerwartet eine Chance, dieser magischen Zahl nicht nur ganz schnell näher zu rücken. Abgesehen von der „Hochzeitsprämie“, die willigen Gemeindepaaren zumindest bisher von der Staatsregierung in Form von 50 Euro pro Einwohner für die ersten zwei Jahre der Zusammenkunft gezahlt worden ist. Auch die Stellung innerhalb des Landkreises Meißen könnte mit der neuen Verbindung gestärkt werden. „Und das ist auch das Einzige, worum es wirklich geht. Hier soll weder um Gemeinden geschachert werden, noch die Bewohner, die in ihnen leben, vor den Kopf gestoßen werden“, sagt Susann Frentzen. Wie die Bürgermeisterin betont, gehe es um die Sicherung des ländlichen Raumes und in diesem Anliegen sei sie sich mit den Verwaltungschefs von Niederau und auch Diera-Zehren absolut einig.

Auf welche geeigneten Mittel und Wege sich die Kommunalpolitiker in den jeweiligen Gemeinden tatsächlich einigen, um dieses Anliegen durchzusetzen, bleibt indes abzuwarten. Laut Carola Balk, Bürgermeisterin von Diera-Zehren, habe man jedenfalls noch keinerlei Verhandlungen aufgenommen. „Der Gemeinderat muss erst einmal entscheiden, welche Intension künftig verfolgt werden soll“, gibt die 50-Jährige im Gespräch mit der SZ zu bedenken. Und mehr will sie eigentlich auch nicht zum Thema sagen. Oder doch? „Auf jeden Fall bin ich als Bürgermeisterin dafür angetreten, den ländlichen Raum zu stärken.“ Welcher das ist oder sein wird, möchte sie nicht kommentieren.