SZ +
Merken

Protesten fehlt die klare Linie

Geld. Die Studenten in Zittau und Görlitzüberlegen noch, wie sie auf das Studiengebühren-Urteil reagieren sollen.

Teilen
Folgen

Von H. Schmidts und D. Hahn

Auf dem Görlitzer Campus geht zurzeit ein Blutsauger um. Er soll zum Protest anstacheln. Ein Werbeplakat, das seit Kurzem an den Wänden der Hochschule hängt, zeigt eine Stechmücke, die sich gerade auf ihrem menschlichen Wirt niederlässt. Der Vergleich ist augenscheinlich: Die Studenten wollen sich nicht vom Staat aussaugen lassen. „Studiengebühren zerstören Lebensentwürfe“, prangt zusätzlich auf dem Papier. Dabei ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Januar, die allgemeine Studiengebühren ermöglicht, eines zumindest klar: Sachsen lehnt Studiengebühren derzeit ab.

Dass Studenten der Fachhochschule Zittau/Görlitz für ihre Meinung womöglich doch auf die Straße gehen könnten, liegt auch am Fachschaftsrat Sozialwesen. „In den vergangenen beiden Semestern gab es dort eine 40-köpfige Protestgruppe“, sagt Rico Rokitte, ein ehemaliges Mitglied. Von Aktionen auf dem Campus, Podiumsdiskussionen mit Vertretern aus Bildung und Politik bis hin zu einer Demonstrationsgruppe in Berlin sei so ziemlich alles dabei gewesen.

Zum Ende des Sommersemesters im Juli 2004 sei dann alles langsam eingeschlafen. Der frisch gebackene Sozialpädagoge Rokitte, der jetzt in Leipzig weiter studiert, hat den Kontakt zu den Leipziger Studenten hergestellt, die Görlitz prompt mit Protestplakaten versorgten. Damit will er an alte Aktionen anknüpfen und seine ehemaligen Kommilitonen zum Nachdenken bringen. Noch sind sich viele Studenten aber uneins: Ein Großteil wartet auf eine klare Entscheidung aus Dresden, um dann zu reagieren. Andere wiederum sitzen schon wie auf heißen Kohlen und wollen protestieren, lieber heute als morgen.

Die Fachschaftsrätin Anke Schulz, die soziale Arbeit im fünften Semester studiert, ist daher zuversichtlich: „Wir werden jetzt wieder mehr machen, sonst denken die da oben noch, dass uns das nicht juckt“, sagt sie. Konkrete Aktionen gebe es aber auf die Schnelle nicht. Dafür fehlen die Leute. Die Entscheidung aus Karlsruhe fällt eben genau in die Prüfungszeit. Da haben viele Studenten anderes im Kopf. Unterstützung kommt jedoch aus Dresden. Der dortige Studentenrat bietet auch Görlitzer und Zittauer Studenten eine verbilligte Anreise zur Großdemonstration am 3. Februar in Leipzig an.

Auch der hiesige Studentenrat will etwaige Aktionen unterstützen. „Bis zum 26. Januar kursierten unter den Studenten nur Schlagworte, die nicht in jedem Fall als sicher und zutreffend gewertet werden können“, sagt StuRa-Mitglied Enrico Mauermann. Deswegen habe man bisher keine Position bezogen, um die Studentenschaft nicht verrückt zu machen. So könne bei einigen Studenten der Eindruck entstanden sein, das Thema ginge am StuRa vorbei, was aber nicht stimmt. „Wir saßen in den vergangenen Wochen mehrmals zusammen und haben über die Problematik und mögliche Wege diskutiert, diese an die Studentenschaft heranzutragen“, so Mauermann. Und er fügt an: „Aber es scheint, die Relevanz der Thematik ist vielen noch nicht richtig klar geworden.“ Denn bisher lägen noch keine Anfragen von Studenten vor.

Ein umfangreiches Positionspapier wurde außerdem nicht veröffentlicht, da viele Studenten zu lange Schriftstücke schlicht und ergreifend ignorieren würden. Und: „Handzettel dürften der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht werden, zumindest dann nicht, wenn man informieren und nicht nur provozieren will.“ Im kommenden Semester plant der StuRa eine große Diskussionsrunde. Dort könnten dann konkrete Vorhaben besprochen werden.

Bis dahin gilt, was auch der Kanzler Peter Reinhold versichert: „Auf absehbare Zeit wird es an unserer Hochschule keine Studiengebühren geben.“

Informationen zur Anreise zur Demo nach Leipzig gibt’s unter www.stura.tu-dresden.de/aktuell oder unter

0351/ 463-3 20 42 / 3 20 43