Er verwandelt Ruinen in schicke Häuser

Pulsnitz. Die graue verfallene Fassade war wie eine Wunde im Pulsnitzer Markt-Ensemble. Nun strahlt das Haus zwischen Sparkasse und Blumengeschäft in zartem Altrosa. Nach dem früheren Konsum-Gebäude hat Bauunternehmer Sergey Sokolovskiy mit dem Haus am Markt 14 erneut eine Ruine in Pulsnitz in ein schickes Wohnhaus verwandelt. Im einem guten halben Jahr. Trotz Corona-Einschränkungen habe mit den Geschäftspartnern und Zulieferern alles reibungslos geklappt, sonst wäre es kaum möglich gewesen, das Gebäude in dieser Zeit zu sanieren. Anfang Oktober sollen die Mieter einziehen können.
Der Zustand sei allerdings noch schlimmer als erwartet gewesen, berichtet Elena Witt, Assistentin der Geschäftsführung. Das Dach drohte auf den Markt zu stürzen und musste schnell gesichert werden. „Drin konnten wir vom Erdgeschoss aus die Wolken am Himmel ziehen sehen, weil das Dach und die Decken herunter gebrochen waren“, beschreibt Elena Witt den katastrophalen Zustand. Balken hingen nach unten, das halbe Dach war weg.
Balkone mit reizvollem Blick angebaut
Immerhin habe die Firma die Fassade zum Markt mit ihren in Granit gefassten Fensteröffnungen retten können. Die Fenster selbst ließ der Unternehmer originalgetreu aus Holz nachbauen. Im Erdgeschoss fällt die massive Wand zur Straße auf. Die marode Mauer sei so baufällig gewesen, dass „wir noch eine Wand davor setzten müssen“, erklärt der Firmenchef. Das Gebäude wurde im 17. und 18. Jahrhundert errichtet. Wegen des schlechten Zustandes habe von der historischen Substanz nicht viel erhalten werden können. Die Ornament-Fliesen im Flur gehören dazu und das schmiedeeiserne Geländer zum ersten Stock.
Sehenswert sind die Kellergewölbe, die aus rohem Granit gemauert sind und mit dem Sandstrahler herausgeputzt wurden. Nach hinten baute das Unternehmen Balkone an, die einen reizvollen Blick in Richtung Schlossklinik eröffnen. Vier Wohnungen sind es insgesamt, drei mit 85 Quadratmetern Wohnfläche und drei Räumen, eine etwas größer. Zudem ist ein Büro entstanden.

Inzwischen summieren sich die Pulsnitz-Objekte der Soko Bau aus Dresden. Der Firmenchef zählt durch: zehn, mit den im Bau befindlichen. An die 100 Wohnungen sind so inzwischen entstanden oder wieder bewohnbar und auch Gebäude vor dem Abriss gerettet worden. Zwei große Projekte waren die ehemalige Berufsschule, früher Fabrikgebäude auf der Goethestraße, und besagtes Konsumgebäude, früher Verwaltung und Lager der Genossenschaft in Ostsachsen. Dort allein gibt es über 20 Wohnungen.
Studiert habe er in Kasachstan, wo die familiären Wurzeln liegen, und seinen internationalen Abschluss als Bauingenieur erworben, erzählt Sergey Sokolovskiy. Dann folgte er seiner deutschen Frau vor 18 Jahren nach Sachsen. 2007 sanierte er das erste Haus in Dresden mit der eigenen Firma. Über die Jahre habe er mit etlichen verfallenen denkmalgeschützten Bauten viel Erfahrung mit historischer Substanz gesammelt. Wenn er so ein verfallenes Gebäude sehe, wie den früheren Konsum, habe er sofort ein Bild im Kopf, wie es künftig einmal aussehen wird.
Der Chef packte anfangs selbst mit an
„Ich wage mich gern gerade an solche Objekte“, sagt der Unternehmer. Bei den ersten Projekten habe er viel selbst gebaut. Inzwischen sei die Firma gewachsen. Die handwerkliche Erfahrung habe er sich in Praktika während des Studiums angeeignet. Die komme ihm immer wieder auf den Baustellen zugute. Wer die Arbeit selbst genau kenne, der könne so einen Bau ganz anders managen.
In Pulsnitz hatte Soko Bau vor etwa zehn Jahren mit zwei Bürgerhäusern auf der Wettinstraße angefangen. Da war so eine umfangreiche Bautätigkeit noch nicht abzusehen. Das Unternehmen wagt sich auch an geschichtsträchtige Schandflecken, bei denen andere Unternehmen schon abgewinkt hatten. Wobei auch die Stadt Pulsnitz den Willen habe, Bewegung in solche Problemstandorte zu bringen, sagt Sokolovskiy – wie beim Markt 14. Das sei eine wichtig Voraussetzung für Investoren. Beim Markt 14 konnte die Stadt nach langen Jahren des Verfalls schließlich ihr Vorkaufsrecht geltend machen und so den Weg für die Sanierung der Ruine ebnen.

„So sind wir beruflich in Pulsnitz hängen geblieben“, sagt der Ingenieur. Es sei ein sehr schönes Städtchen, der Wohnungsbedarf groß, auch durch Zuzügler. Die Nähe zu Dresden spiele eine Rolle, wo Mietpreise für einen Teil der Wohnungssuchenden nicht mehr erschwinglich seien.
Firma eröffnet Büro in Pulsnitz
Bei soviel Bauprojekten in Pulsnitz ist es für Soko Bau jetzt auch an der Zeit, sich mit einem Büro in der Stadt niederzulassen. Das entsteht im Erdgeschoss des Marktgebäudes, um von hier aus standortnah die zahlreichen Gebäude zu verwalten und neue Projekte steuern zu können. Pulsnitz sei auch sehr zentral gelegen zwischen Dresden und Bautzen. Er habe sich schon ein bisschen verliebt in die Stadt: „Es gab und gibt viel zu tun.“
So hat der Bauingenieur noch mehr in Pulsnitz vor. Derzeit hat ein größeres Projekt mit über 20 Wohnungen begonnen. Das ehemalige Werksgebäude einer Metallfirma auf der Siegesbergstraße steht ebenfalls auf der Liste. Dort seien aber noch intensive Gespräche nötig, bevor weitere Wohnungen entstehen können.

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