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Pulsnitz: Streit um Hauptamtsleiterposten

Im Rathaus soll eine neue Stelle geschaffen werden. Das sorgt für Protest von den Bürgermeistern der Nachbarorte.

Von Heike Garten
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Die Pulsnitzer Bürgermeisterin Barbara Lüke will die Arbeit der Stadtverwaltung auf breitere Schultern verteilen. Der Stadtrat beschloss jetzt die Schaffung einer neuen Stelle.
Die Pulsnitzer Bürgermeisterin Barbara Lüke will die Arbeit der Stadtverwaltung auf breitere Schultern verteilen. Der Stadtrat beschloss jetzt die Schaffung einer neuen Stelle. © René Plaul

Pulsnitz. Mit einem Eklat endete am Mittwoch die Sondersitzung des Stadtrates von Pulsnitz. Hintergrund war die Schaffung einer neuen Stelle für einen Hauptamtsleiter. Der Rat sollte diese Stelle beschließen. Nach der Abstimmung verließen die anwesenden Bürgermeister der zur Verwaltungsgemeinschaft gehörenden Orte - das sind Großnaundorf, Lichtenberg und Steina - den Raum. Aus Protest. Der Rat hatte mehrheitlich dafür gestimmt, dass Pulsnitz einen Hauptamtsleiter bekommt, obwohl von einigen Stadträten gefordert worden war, den Tagesordnungspunkt zu verschieben. 

Warum hat Pulsnitz bisher keine Hauptamtsleiter-Stelle?

Die Stadtverwaltung Pulsnitz hatte bis zum Jahr 2010 einen Hauptamtsleiter. Aufgrund von Querelen zwischen dem damaligen Bürgermeister Peter Graff und dem Hauptsamtsleiter Christian Mögel wurde die Stelle abgeschafft.  Mit dieser Maßnahme wurden teilweise Aufgaben des Hauptamtes auf die anderen Ämter verteilt. So gingen zum Beispiel der Bürgerservice, das Standesamt oder die Bereiche Ordnung und Gewerbe in den Fachbereich "Bürger und Bauen" über. Fünf Mitarbeiter der Verwaltung hatten keinen direkten Vorgesetzten mehr, hängen mit am Bürgermeisteramt. "Aus meiner Sicht war die Abschaffung des Hauptamtes eine Fehlentscheidung", schätzt Stadtrat Maik Förster heute ein.  

Was hat zu einem Umdenken bei der Verwaltungsstruktur geführt? 

Mit der Wahl von Barbara Lüke (parteilos) zur Bürgermeisterin trat ein Umdenken ein. "Ich wollte die Verwaltung auf ordentliche Füße stellen, klare Bereiche mit klaren Zuständigkeiten schaffen", so Barbara Lüke. Dazu kam, dass viele Entscheidungen und Aufgaben im Bürgermeisterbereich landeten.  Die Zeit brachte auch neue Herausforderungen, wie die Digitalisierung oder die Umsetzung des neuen Datenschutzgesetzes - alles klassische Aufgaben für ein Hauptamt. Außerdem gab es 2017 eine Prüfung durch das übergeordnete Rechnungsamt speziell in Richtung Personalbereich der Verwaltung - mit einem vernichtenden Abschlussbericht, so die Bürgermeisterin. Es musste aus ihrer Sicht etwas getan werden.

Das Hauptamt wurde seit Abschaffung faktisch durch den Bürgermeister geleitet. "Seit rund einem Jahr macht das deutlich mehr als die Hälfte der Arbeitszeit aus - das fehlte dann bei der Aufgabenerfüllung als Bürgermeister. In dem Bereich nahm zu Recht manche Unzufriedenheit zu", so Barbara Lüke.  

Welche Schritte wurde zur Schaffung der neuen Stelle eingeleitet?

Fakt ist, dass nur der Stadtrat über solchen Maßnahmen wie die Schaffung einer neuen Stelle entscheiden kann, da das ja letztlich auch finanzielle Auswirkungen hat. Diese Auswirkungen bekommen aber auch die Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft zu spüren - in diesem Fall Steina, Ohorn, Lichtenberg und Großnaundorf. Am 30. Juni fand mit den Stadträten eine Klausurberatung statt, um das Thema zu diskutieren. Es wurde eine Personalanalyse für die Verwaltung erarbeitet, die alle Stadträte erhielten. Außerdem liegt das Papier auch in den Gemeinden des Verwaltungsverbandes vor. Der Gemeinschaftsausschuss, in dem die Orte vertreten sind, hat zu diesem Thema ebenfalls beraten. Dort kam es zu keiner Einigung.   

Warum wird über diese neue Stelle so heftig diskutiert?

Mehr Personal kostet auch mehr Geld. Nach dem Gesetz kann die Stadtverwaltung Pulsnitz zwischen 34 und 37 Vollzeitmitarbeiter beschäftigen. Diese Stellen werden aus der Zahl der Einwohner der Stadt und der zu verwaltenden Gemeinden errechnet. Derzeit gibt es 33 Stellen, wobei ein großer Teil der Beschäftigten in Teilzeit arbeitet.

Hat Pulsnitz das Geld für eine neue Hauptamtsleiterstelle? 

Die finanzielle Situation von Pulsnitz ist wie in vielen anderen Gemeinden angespannt. "Eigentlich können wir uns das nicht leisten, aber wir verstärken mit der Maßnahme die Struktur der Verwaltung. Dort gibt es wichtige Aufgaben, die nicht erfüllt werden. Das hatte auch der Rechnungshof gerügt", argumentiert die Bürgermeisterin. "Wir brauchen eine effiziente Verwaltung."

Doch wo soll das zusätzliche Geld herkommen? Babara Lüke weiß, dass dann an anderer Stelle gespart werden muss, vor allem bei Investitionen. So wurde zum Beispiel der vierte Bauabschnitt am Walkmühlenbad erst einmal auf Eis gelegt. 

Welche Auswirkungen haben die zusätzlichen Kosten in der  Verwaltungsgemeinschaft? 

Die Kosten haben Auswirkungen auf die Umlage, die die Mitgliedskommunen der Verwaltungsgemeinschaft an die Stadt Pulsnitz zahlen müssen. Diese sind in den vergangenen Jahren schon von 105 Euro pro Einwohner auf 125 Euro pro Einwohner gestiegen. Mit dem neuen Nachtragshaushalt würde diese Umlage noch einmal um mindestens fünf Euro pro Einwohner steigen.  Die kleinen Gemeinden würden so schon am Hungertuch nagen, jetzt kommen weitere Belastungen auf sie zu, heißt es aus der Bürgermeisterrunde.

Das ist auch  ein Grund, warum die Bürgermeister den Sonderstadtrat am Mittwoch verlassen haben. Sie wollen zeigen, dass die Stadträte mit ihrer Entscheidung für den Hauptamtsleiter ihrer Meinung einen Fehler machen. Außerdem hätten sie im Vorfeld viel intensiver in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden wollen. Es sei alles viel zu schnell durchgezogen worden.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Stadtrat hat sich mehrheitlich für die neue Stelle eines Hauptamtsleiters entschieden.  "Wenn dieser Beschluss veröffentlicht wurde, kann eine Stellenausschreibung erfolgen.  Dann kommt das Auswahlverfahren, sodass ich frühestens im ersten Halbjahr 2021 mit der Besetzung der Stelle rechne", so Barbara Lüke. Der Graben zwischen der Stadt Pulsnitz und den Orten der Verwaltungsgemeinschaft scheint damit aber keinesfalls schmaler geworden zu sein. 

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