Mit Schirm, Charme, Sonnenblume und Melone sind gestern Vormittag Narrenrichter Rainer Rentzsch und sein Sohn Uwe in der Zille-Stadt auf Kontrolltour. „Wir suchen Geschäfte auf und überprüfen die Bücher“, sagt der 65-Jährige mit einem schelmischen Grinsen. Stimmt die Bewirtung, werde bei Unregelmäßigkeiten schon mal ein Auge zugedrückt.
„Vor sechs oder sieben Jahren haben wir den Rosenmontag zum Vater-Sohn-Tag erklärt“, ergänzt der Narrenrichter. Seitdem ziehen die beiden an diesem Tag durch die Stadt. Eigentlich in Begleitung des obersten Narrenrichters, „doch der ist in diesem Jahr krank“. Auch andere Grüppchen sind in Radeburg unterwegs oder kehren in die Gaststätten zum Frühschoppen mit anschließendem Abendbrot ein.
Auf den Zufall verlassen sich die beiden selbst ernannten Kontrolleure bei ihrer Tour übrigens nicht. „Wir melden uns vorher an und haben einen straffen Zeitplan“, verrät der 35-jährige Uwe Rentzsch.
Beides ist nötig, denn einige Geschäfte bleiben am Rosenmontag gleich ganz dicht. So trifft man die Damen vom Modehaus Luckow und dem benachbarten Handarbeitsladen am Mittag in fröhlicher Runde neben dem Tresen im Deutschen Haus. Im hinteren Raum, wo die Disko spielt, ist kein Platz mehr frei. Es wird sogar getanzt.
Spannende Umzugswertung
Ingeborg Beer, die seit vielen Jahren in der Umzugsjury sitzt, ist noch immer begeistert vom sonntäglichen Spektakel. „Es waren wieder viele tolle Bilder zu sehen, auch im der zweiten Umzugshälfte. Die Entscheidung ist sehr knapp ausgefallen“, lässt sie sich schon mal entlocken. Gelüftet wird das Geheimnis um die besten Umzugsgruppen heute Abend zum Ausklang der 52. RCC-Saison im Hirsch. Die Zuschauer-online-Abstimmung wurde übrigens nicht wieder eingeführt, wie RCC-Präsident Olaf Häßlich versichert, auch wenn die Homepage des Vereins dazu auffordert.
Nicht nur der Umzug selbst, sondern auch die Übertragung im MDR-Fernsehen sorgt für Gesprächstoff in den närrischen Runden. Der Sender hatte zu Beginn der Live-Übertragung gut zehn Minuten Bilder des Vorjahres gesendet. „Die Satelliten-Verbindung war unterbrochen“, weiß Ko-Moderator Häßlich. „In der Wiederholung ist dann aber alles zu sehen.“
Während die ersten Narren sich schon wieder zum Feiern auf den Weg machten, waren auf Straßen und Fußwegen Kehrmaschine und Ein-Euro-Jobber im Einsatz. Auch viele Radeburger griffen gleich früh zum Besen, um Konfetti, Bruchglas und Papier zu beseitigen. Mittags waren so die meisten Umzugsspuren bereits wieder aus dem Stadtbild verschwunden.
Verkehrsschilder geklaut
Auch die Wände und die Dachplanen des großen Zeltes waren da schon abgebaut. Nur eine bunte Luftballontraube baumelte noch verlassen am Metallskelett der Marktüberdachung.
Allerdings hinterlässt das Wochenende nicht nur freudige Erinnerung. Zwar ging es nach den Worten des RCC-Präsidenten so friedlich zu wie noch nie – „es gab nicht eine einzige Schlägerei“ – dafür wurden zwei der historischen Straßenlampen auf der Röderstraße beschädigt. „Außerdem sind zahlreiche der aufgestellten Verkehrszeichen verschwunden oder zerstört“, sagt Ordnungsamtschef Heinz-Hasso Zötzsche.
Sven Görner