Es soll in Radebeul Familien geben, die sich genau einen schnellen Breitband-Internet-Anschluss haben legen lassen, als das Baby gekommen ist. Dann kann nämlich die Mutter, die vielleicht Architektin oder Ingenieurin ist, auch von Zuhause arbeiten.
„Aber eben nur dann, wenn genügend große Datenmengen, wie etwa in Architektenplänen, schnell durch die Leitungen geschickt werden können “, sagt Michael Wirsig. Der pfiffige Mittelständler hat gestern mit Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos) die erste Glasfaserleitung zu einer Radebeuler Verteilerstation (Provider) zugeschaltet.
3500 Haushalte dran
Über so eine Leitung können nahezu unbegrenzte Datenmengen verschickt werden. Die Glasfasertechnologie ermöglicht diese Mengen vor allem in der erforderlichen Schnelligkeit. Bis Jahresende wird der Radebeuler mit seiner Firma Wirsnet rund 35000 Haushalte angeschlossen haben. Den größten Teil davon in Radebeul, aber auch in Friedewald. Gerade die Höhenzüge – etwa im Ortsteil Wahnsdorf – sind es, wo Wirsig mit seinem Privatnetz Stück für Stück die Haushalte zu versorgen begann. Genau dort, wo es der Telekom zu mühselig war, den Bürgerwünschen nach Internet und Kabel-TV nachzukommen.
Mittlerweile ist Wirsnet vom Radebeuler Westen am Jacobstein über den Lößnitzgrund in der Mitte bis in den Osten an der Waldstraße vertreten. Der jüngste Vertrag entstand mit der Radebeuler Wohnungsgenossenschaft WG Lößnitz. Deren kaufmännischer Geschäftsführer Thomas Vetter sagt, warum er seinen Mietern in über 1000 Wohnungen den Radebeuler Privatanbieter ins Haus legen lässt und dafür bei Primacom gekündigt hat: „Weil die Versorgung auf dem modernsten Stand ist. Weil der Service ganz schnell vor Ort gewährleistet ist und weil die Preise stabil sind.“ 19,95 Euro kostet derzeit der Breitbandanschluss fürs Internet, 11,50 Euro der TV-Anschluss mit rund 400 Programmen bei Wirsnet.
In die Nischen vorgewagt
Wirsig hat sich mit seinem Netzaufbau bewusst immer wieder in Nischen vorgewagt, auch wenn mitunter die Kabelverlegung mühselig war und ihn mancher belächelt hat. Jetzt stehen vielerorts die kleinen grauen Kästen mit dem gelben Aufkleber dieses Providers. Dafür sind die Kunden, die er dort in den zumeist entlegenen Gegenden gewonnen hat, dankbar und wechseln nicht.
Wirsig ist bodenständig und hat für seinen Netzaufbau ganz bewusst hiesige Firmen genommen – etwa für Erd- und Elektroarbeiten. Der Radebeuler Johannes Domasch hat so mit seiner Firma nicht nur manchen Kabelgraben ausgehoben, sondern danach auch gleich noch den Fußweg hergerichtet. Das seien keine Großaufträge aber stetige, sagt der Bauingenieur.
Ähnlich denkt Jürgen Wulf vom Elektrofachhandel Werner aus Kreischa über die Entwicklung des Radebeuler Netzbetreibers. Wirsig habe das Geld, welches er mit der wachsenden Kundenzahl verdient, immer wieder investiert und dabei keine Kredite genommen. Damit sei er absolut gesund gewachsen und als Geschäftspartner nie ein Risiko gewesen.
Und diese Tippeltappeltour – mit kleinen Schritten das Netz immer größer spannen –, will Wirsig fortsetzen. Als nächstes soll der Kroatengrund mit Wirsnet versorgt werden. Auch so eine abgelegene Gegend im Radebeuler Westen, die die Telekom bisher verschmäht. Peter Redlich