Von Thomas Christmann
Sie bezeichnet sich selbst als lauffaulen Menschen. Erledigungen dürfen bei Ines Igney nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. In einer Stadt wie Görlitz kommt für die 30-jährige Angestellte daher nur das Fahrrad infrage. „Damit bin ich am schnellsten unterwegs“, sagt sie mit Blick auf den Autoverkehr und die Parkplatzsuche. Doch die Mutter zweier Kinder merkt auch, welche Probleme ein Radfahrer im Straßenverkehr immer noch hat. Angefangen von fehlenden Radwegen über unzureichende Beschilderungen und Markierungen bis hin zu mangelnden Stellplätzen. „Ich könnte mich nun zurückziehen und meckern, aber ich will stattdessen etwas dafür tun“, erklärt sie.
Bislang ist es um die Radfahrer in Görlitz und Umgebung eher ruhig geblieben. Jeder strampelte für sich allein oder in kleinen Gruppen. Daran soll sich jetzt etwas ändern. Als Mitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) will Ines Igney mit anderen Radbegeisterten eine Ortsgruppe für Ostsachsen gründen. Die könnte von Zittau bis Weißwasser gehen – vorausgesetzt, es finden sich genügend Teilnehmer. Sieben müssen es mindestens sein. Bislang sind sie zu viert. Dabei gibt es allein beim ADFC schon 60 Mitglieder aus der Region. Und einige Tausend machen alljährlich im Frühsommer bei der Sternradfahrt des Landkreises Görlitz mit. „Wenn wir so viele sind, können wir auch etwas erreichen“, sagt Ines Igney. Als Ziel steht: Mehr Spaß am Radeln.
Dazu zählen beispielsweise bessere Verkehrsbedingungen, nicht nur für den Tourismus, sondern gerade für die täglichen Fahrten. Als Beispiel nennt die 30-Jährige die Jakobstraße in Görlitz. Im vorigen Jahr ist die im unteren Teil erneuert worden. Ursprünglich sollte dabei auch ein Radweg entstehen. Doch damit wären Parkplätze für die Autos weggefallen – zum Ärger der Händler. Eine Ortsgruppe hätte dagegen protestieren können. So blieb alles wie es ist, Rad- und Autofahrer nutzen dieselbe Spur. Auch die Verkehrsführung auf der Berliner Straße ist nicht optimal gelöst. Hier behindern sich Fußgänger und Radfahrer, zwischendrin fährt die Straßenbahn. Eine eigene Spur könnte Abhilfe schaffen.
„Es geht nicht um Konkurrenz, sondern ein friedliches Miteinander“, erklärt Ines Igney. Als Ortsgruppe wollen die Radfahrer deshalb künftig mit der Stadt zusammenarbeiten, um auf derartige Verkehrsprobleme aufmerksam zu machen oder sie beim Ausbau von neuen Wegen zu unterstützen. So gab es im Januar bereits ein erstes Zusammentreffen. Infolge dessen will die Stadt im Frühjahr die Radwege mit dem ADFC abfahren. Ein erster Schritt ist damit getan.
Doch die Ortsgruppe will noch mehr. So soll ein Netzwerk entstehen, gefüllt mit Themen und Terminen rund ums Rad wie beispielsweise Touren in der Region oder Übernachtungsmöglichkeiten. Allein in Görlitz gibt es fast zehn Gastronomen, die das sogenannte Bed & Bike anbieten. Im sozialen Netzwerk Facebook hat der ADFC Ostsachsen bereits eine Seite. Langfristig sind auch eigene Veranstaltungen geplant. Momentan sind sie noch ein loser Zusammenschluss. Doch bis Jahresende soll die Ortsgruppe stehen, mit Mitgliedern aus der gesamten Region. Bestenfalls gibt es für alle Radfahrer dann in jeder Stadt einen Ansprechpartner, wie bereits für Görlitz.
Am 28. Februar sind alle Interessierten zu einem Stammtisch in die Neißegalerie in Görlitz geladen. Beginn ist 19 Uhr.