Von Jana Ulbrich
Es war ein Dummejungenstreich mit ungeahnten Folgen: Ein 17-jähriger Jugendlicher hat am Silvesterabend aus Spaß eine Feuerwehrrakete in die vom Jugendverein „Kugellager“ genutzte Sporthalle am Löbauer Stadionweg geschossen – und damit einen Großbrand ausgelöst, der die Skaterhalle vollständig zerstörte und ein Menschenleben kostete.
Das Geständnis des 17-Jährigen, die Ergebnisse der Brandermittler und die zahlreichen Zeugenaussagen in den Vernehmungsprotokollen ergaben für die Staatsanwaltschaft Görlitz bereits nach drei Tagen ein klares Bild vom Hergang des tragischen Ereignisses: Die Rakete ist gegen die Dachkonstruktion des Gebäudes geflogen, dort abgeprallt und in eine Sprunggrube gefallen, die mit Schaumstoffresten gefüllt war.
„Binnen weniger Sekunden stand die gesamte Sprunggrube in Brand, und das Feuer breitete sich danach rasend schnell weiter aus“, erklärte Staatsanwalt Till Neumann. Der Jugendliche habe sich über das Ausmaß und die verheerenden Folgen seines Tuns keine Gedanken gemacht, so der Staatsanwalt.
Die 15-jährige Julia aus Löbau, die in der Halle gefeiert hatte, wird seit dem Brand vermisst. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass das Mädchen mit der bisher noch nicht identifizierten Person identisch ist, die in den Flammen ums Leben kam. Endgültige Gewissheit soll das Obduktionsergebnis bringen, das nach Aussage des Staatsanwalts in den nächsten Tagen vorliegen wird. Wie es passieren konnte, dass das Mädchen noch oder bereits wieder im Gebäude war, als das Dach einstürzte, sollen jetzt weitere Ermittlungen klären.
Geklärt werden muss auch, ob die Feier in der alten Sporthalle überhaupt stattfinden durfte. Im Mietvertrag, den die Stadt Löbau als Eigentümerin des Gebäudes mit dem Jugendverein abgeschlossen hatte, ist lediglich eine Nutzung als Sportstätte vorgesehen, wurde gestern aus dem Löbauer Liegenschaftsamt bestätigt.
Inzwischen hat sich auch herausgestellt, dass die Jugendlichen, die sich regelmäßig in der Sporthalle trafen, offensichtlich schon seit Längerem sich selbst überlassen waren. „Verantwortliche des Kugellager-Vereins sind bei der Feier in der Silvesternacht nicht vor Ort gewesen und scheinen bis heute wie vom Erdboden verschwunden“, sagte gestern Löbaus Bürgermeister Dietmar Buchholz (parteilos). Trotz mehrfacher Bemühungen sei es der Stadtverwaltung noch nicht gelungen, einen der Verantwortlichen zu erreichen.
Die Betroffenheit über den tragischen Todesfall ist noch immer groß. „Ein normaler Unterricht war bei uns heute nicht möglich“, sagte Gerd Kunath, der stellvertretende Schulleiter des Löbauer Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Vor allem in der Klasse 10/3, in der Julias Platz am gestrigen ersten Schultag nach den Weihnachtsferien leer blieb, wurden die Schüler den ganzen Tag über von Beratungs- und Religionslehrern betreut. Die Liste der Beileidsbekundungen im Internet wächst minütlich. Freunde der Schülerin, aber auch Unbekannte drücken dort ihre Gedanken aus.
Der 17-jährige Junge muss nun mit einer Anklage wegen fahrlässiger schwerer Brandstiftung und fahrlässiger Tötung rechnen – und damit mit einer Haftstrafe.