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Rasenmähern geht’s an das Fell

Herzhaft greift Thomas Stille zu, schnappt sich das Mutterschaf. Mit der elektrischen Schere geht es dem Tier nun an die Wolle. Fünf Minuten später bekommt es einen Klaps. Ratzekahl geschoren, flüchtet das Schaf laut blökend zu seinen Artgenossen – Moorschnucken.

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Von Annett Preuß

Herzhaft greift Thomas Stille zu, schnappt sich das Mutterschaf. Mit der elektrischen Schere geht es dem Tier nun an die Wolle. Fünf Minuten später bekommt es einen Klaps. Ratzekahl geschoren, flüchtet das Schaf laut blökend zu seinen Artgenossen – Moorschnucken.

„540 Muttertiere und rund 270 Lämmer gehören zu unserem Bestand“, sagt Dario Uecker, wie Thomas Stille Schäfermeister und Mitarbeiter des Fördervereins für die Natur der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. 1991 zur Unterstützung des Biosphärenreservats gegründet, ist die Landschaftspflege ein Schwerpunkt der Arbeit des gemeinnützigen Vereins. Die Moorschnucken leisten dabei seit 1992 wichtige Dienste. Wo sie weiden, verhindern sie schonend eine Verbuschung der Flächen. Denn Moorschnucken bevorzugen eher karge Kost wie Bentgras, Besenheide, auch Kiefernnadeln, Seggen, Wollgräser und jungen Baumwuchs wie Birken. Weil sie klein und leichter sind als andere Schafrassen, eignen sie sich gut als biologische Rasenmäher auf feuchten Flächen.

„Der Förderverein pflegt insgesamt rund 250 Hektar Grünland und acht Hektar Teichfläche im Gebiet des Biosphärenreservats“, sagt Annett Herweck, Diplom-Landschaftspflegerin und Geschäftsführerin des Vereins mit derzeit elf Mitarbeitern. Das seien vor allem kleine Splitterflächen, teilweise schwer zugänglich, für andere wirtschaftlich unattraktiv, aber aus Naturschutzsicht am interessantesten. Annett Herweck erinnert an die Orchideenwiesen bei Kleinsaubernitz und in Klitten-Tauer. „Herrlich, wenn die blühen.“

Außer der Landschaftspflege gehören der Artenschutz und die Umweltbildung von Kindern und Jugendlichen zu den Aufgaben des Vereins. „Wir haben seit Jahresbeginn rund 1 300 Kinder und Jugendliche betreut“, sagt Diplom-Naturschützer Bodo Plesky, der gemeinsam mit Biologin Birgit Fleischer im Umweltbildungsprojekt „Kinder der Dörfer“ tätig ist. Sie organisieren und gestalten unter anderem Projekttage an Schulen und Exkursionen, leiten fünf Freizeitgruppen von Friedersdorf bis Wartha. Weil die Resonanz so groß war, gibt es in Kreba-Neudorf jetzt sogar zwei: eine für die älteren Kinder und eine für Muttis mit ihren Kindergartenkindern.

Unter den Artenschutz fallen beispielsweise Arbeiten, die die Lebensbedingungen der Störche verbessern: Die Sanierung und Betreuung der 51 Horste im Reservats- und angrenzenden Gebiet gehören dazu, auch die Anlage von Feuchtflächen. Hier können Amphibien laichen – Nahrungsgrundlage für die Störche. Einzelne solcher „habiatverbessernder“ Projekte sind in Dauban, Drehna und in Kleinsaubernitz geplant.

Landschaftspflege, Umweltbildung und Artenschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Während die Leistungen im Bereich Umweltbildung über die Reservatsverwaltung zu 100 Prozent getragen werden, hängen die anderen Projekte von Fördermitteln des Regierungspräsidiums ab. Zwischen zehn und 20 Prozent liegt dabei der vom Verein zu erwirtschaftende Eigenanteil, ein Balanceakt, um die Gemeinnützigkeit nicht zu verlieren. „Noch sind unsere Anträge für dieses Jahr nicht bewilligt“, sagt Annett Hertweck. Doch ein Mindestmaß an Arbeit müsse erledigt werden, in gutem Glauben, dass Fördermittel kommen. „Bis dahin greifen wir auf unsere Rücklagen zurück.“ Die wieder aufzufüllen, werde schwerer. „In Zukunft werden wir verstärkt versuchen, Spender zu gewinnen.“

Den vierbeinigen Landschaftspflegern sind diese Sorgen schnuppe. Etlichen geht es auf dem Pflegehof in Wartha noch an das Fell. Der Schafscherer gönnt sich nur selten eine Verschnaufpause, streckt den Rücken, wischt sich den Schweiß ab. „Jedes der Tiere wiegt etwa einen Zentner“, sagt Thomas Stille. Die Schur ist Schwerstarbeit, doch im Vergleich zu früheren Zeiten schon leichter: Brauchte der Schäfer damals je Schaf ein Stunde, schafft Stille das heute in fünf Minuten. Dank elektrischer Schere.

Kontakt: 035893/50266, e-mail [email protected]; Sitz: An der Post 2 in 02906 Kreba-Neudorf; Spenden an Kto. 60001500, BLZ 85050100 bei Niederschlesische Sparkasse; Umweltbildung: 035893/ 5 08 28