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„Raus aus der ISDN-Falle“

Radeberg/Dresden. Für die Börsianer in London war der 16. Mai 2002 ein Debakel, für den sächsischen Unternehmer Albert Wiedemann ein Glücksfall. An diesem Tag gab der Telekommunikationsausrüster Marconi...

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Von Ulrich Wolf

Radeberg/Dresden. Für die Börsianer in London war der 16. Mai 2002 ein Debakel, für den sächsischen Unternehmer Albert Wiedemann ein Glücksfall. An diesem Tag gab der Telekommunikationsausrüster Marconi den bis dahin größten Verlust der britischen Wirtschaftsgeschichte bekannt: rund neun Milliarden Euro. Damit war auch das Schicksal der deutschen Marconi-Entwicklungsabteilung in Radeberg bei Dresden besiegelt. 23 Ingenieure standen auf der Straße, darunter auch Dietmar Scharf.

„Da hat Herr Wiedemann zugegriffen und die Entwicklung seiner Elcon-Gruppe sukzessive in Radeberg konzentriert“, erzählt Scharf, der heute Vizechef der Elcon Entwicklungszentrum GmbH ist. Dort arbeiten wieder 26 Ingenieure, 16 weitere sind am Sitz der Elcon-Gruppe in Hartmannsdorf bei Chemnitz tätig. Dort ist die Produktion mit 170 Beschäftigten ansässig.

„Wir müssen raus aus der ISDN-Falle“, sagt Scharf. Bislang macht der sächsische Telekommunikationsausrüster etwas mehr als die Hälfte seines Umsatzes von 46 Millionen Euro mit ISDN-kompatiblen Anschlussgeräten. In Deutschland sei man damit Marktführer, so Scharf, „aber das ernährt uns noch höchstens drei oder vier Jahre, dann spielt ISDN im Privatkundenmarkt keine so große Rolle mehr“, sagt Scharf. Also tüftelt er mit seinen Kollegen an Geräten für die Internettelefonie, an DSL-Produkten und Zusatzfunktionen für Bündelfunksysteme wie der Polizeifunk.

Doch die Arbeit seines Teams verschlingt Geld. Laut Scharf fließen fast zehn Prozent vom Umsatz in die Entwicklung. Schon 2003 hätten diese Kosten das Ergebnis aufgefressen. Der Jahresüberschuss fiel damals von 590 000 auf 16 000 Euro. „Doch unser Chef ist Visionär“, sagt Scharf. Wiedemann wisse um den nötigen Quantensprung, um von der „ISDN-Trivialelektronik“ unabhängiger zu werden. Elcons größter Kunde, die Deutsche Telekom, sei bereits sehr angetan von einem neuen Produkt, das Rechnernetze eines Unternehmens mit verschiedenen Standorten miteinander verbindet. Mit Blick auf die Kosten entschied sich Wiedemann, die Berliner Tochtergesellschaft Elcon Mobility zu Jahresbeginn an eine österreichische Firma zu verkaufen. Er hatte die Berliner 2000 aus der Insolvenz heraus übernommen – und einen guten Riecher gehabt. Elcon Mobility entwickelte das erste markttaugliche Lkw-Mautabbuchungsgerät, das bis heute vom US-Konzern Delphi Automotives im portugiesischen Braga hergestellt wird. Zum Verkaufspreis hüllt sich Elcon in Schweigen, doch die Wertsteigerung dürfte beachtlich gewesen sein, da das Mautsystem nun funktioniert. „Wir haben jetzt weitere Mittel für die Investition in neue Produkte“, so Wiedemann.

Unter den 62 sächsischen Ausstellern auf der „Cebit 2005“ im März ist auch Elcon – in der Halle 13 am Stand C 43.