Von Berthold Neumann
Eislöwen-Profi Bruce Becker hofft auf die „Fairness der anderen Mannschaften“, Füchse-Trainer Dirk Rohrbach redete sich den Frust von der Seele und in Crimmitschau wird schon von der großen Fan-Fete am Sonntag im Sahn-Park geträumt. Unterschiedlicher können die Gemütslagen in Dresden, in Weißwasser und in Crimmitschau nicht sein. Alle drei sächsischen Eishockey-Zweitbundesligisten bewerben sich am letzten Wochenende der Doppelrunde um einen freien Platz in den Meisterschafts-Play-offs – eine solche Konstellation hat es seit der Wiedervereinigung im deutschen Eishockey noch nicht gegeben.
Ausgerechnet die durch Insolvenzen schon oft gebeutelte 2. Bundesliga bietet damit ein echtes Herzschlagfinale. Aber nur ein Team aus dem flotten Sachsen-Dreier kann den Sprung in die Meisterrunde, die am kommenden Mittwoch beginnt, schaffen. Die ersten sieben Vereine der Liga sind bereits qualifiziert.
Das, was die Eislöwen mit aller Macht verhindern wollten, ist nun eingetreten. „Wir haben die Entscheidung nicht mehr selbst in der Hand“, sagte Trainer Thomas Popiesch. Selbst ein Erfolg heute gegen den EV Ravensburg könnte nicht reichen, da die Rivalen – eigene Erfolge vorausgesetzt – am Sonntagabend noch an den Dresdnern vorbeiziehen können. Von Zittern will aber Eislöwen-Stürmer Becker nichts wissen. „Wir müssen mit einem Sieg vorlegen und dann sehen, was passiert“, sagte der 25-Jährige. Und wenn nun saisonmüde Konkurrenten den Crimmitschauern, die von der Papierform her ohnehin das leichteste Restprogramm haben, das Siegen leicht machen? „Ich glaube an keine Wettbewerbsverzerrung“, sagte Becker. „Jeder gute Profi möchte seinen Stolz nicht verlieren. Außerdem würde sich ein solch unfaires Auftreten schnell herumsprechen“, fügte er hinzu.
Im Fuchsbau flogen die Funken wie schon lange nicht. Diesmal nicht an der Kufen-Schleifmaschine. Dem sonst so besonnen auftretenden Dirk Rohrbach platzte der Kragen. „Ich appelliere an die Spieler, noch einmal alles abzurufen. Nicht für mich, nicht für andere – nur für das Eishockey in Weißwasser“, sagte der Trainer. Ins vorige Wochenende waren die Lausitzer noch mit der besten Ausgangslage gegangen – heraus sind sie nach zwei Niederlagen mit der schlechtesten Position gekommen. Das „billige Herschenken dieser großen Chance Play-offs“ habe ihn so aufgeregt, erklärte der 40-Jährige und packte die Profis an ihrer Ehre. „Jeder sollte wissen, dass hier alles getan wird, um zweite Bundesliga spielen zu können“, sagte Rohrbach mit Blick auf die ungünstigsten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aller Zweitligisten.
In Crimmitschau steigt dagegen das Stimmungsbarometer. „Wie wir zuletzt gespielt haben, das macht Mut“, sagte Trainer Fabian Dahlem. „Wenn wir den gleichen Willen und die Leidenschaft in die Waagschale werfen, dann werden wir unser großes Ziel erreichen“, meinte der Coach.
Doch wer darf nun am Sonntag feiern? Da beginnen die Rechenspiele auf dem Eis. Zum Beispiel mit der mitunter komplizierten Eishockey-Mathematik. So entscheidet bei Punktgleichheit – anders als beim Fußball – nicht das bessere Torverhältnis, sondern die vier Hauptrunden-Spiele gegeneinander. Da haben die Dresdner sowohl gegen die Füchse als auch gegen die Eispiraten jeweils die Nase vorn.
Wenn Crimmitschau solcherlei Mathematik verhindern will, müssen mindestens fünf Punkten her. Die sind bei den machbaren Aufgaben der Westsachsen allemal drin. Alles klar für die rauschende Fete im Sahn-Park? Wenn da nicht der letzte Zweifel wäre, dass die insolventen Hannover Indians sich womöglich anständig von ihrem großen Anhang verabschieden wollen.
Bei den Füchsen kommen vor dem Rechnen erst zwei Siege. Die Lausitzer gehen mit den geringsten Chancen in die Entscheidung. Nach Lage der Dinge müssen sie ihre beiden Partien gewinnen. Sonntag-Gastgeber Ravensburg muss allerdings noch seinen vierten Rang für das zusätzliche Heimspiel in den Play-offs verteidigen.
Für die Zeit des Bangens und der Ungewissheit bis Sonntagabend erwägt Eislöwen-Profi Carsten Gosdeck sogar die Bitte um himmlischen Beistand. „Vielleicht schicke ich ja ein paar Gebete an den Eishockey-Gott“, kündigte der Stürmer der Dresdner für alle Fälle an.
Eislöwen-Profi Martin Heider wurde nach seiner Matchstrafe im Derby gegen Crimmitschau zu vier Spielen Sperre, davon zwei auf Bewährung, verurteilt.