Von Jan Lange
Eigentlich hatte sich Jürgen Esser schon zur Ruhe gesetzt. Doch für Zittaus Schauspielleiterin Dorotty Szalma macht der 64-Jährige gern eine Ausnahme. Zusammen mit seiner Frau Barbara inszeniert er Horvaths sozialkritisches Volksstück „Kasimir und Karoline“, das am Sonnabend Premiere im Zittauer Theater feiert. Für die beiden ist es die 70. gemeinsame Inszenierung. Und es ist ihre erste an einer ostdeutschen Bühne. Bisher waren die Essers nur in den alten Bundesländern tätig, gearbeitet haben sie unter anderem in Bremen, Wuppertal, Augsburg und Saarbrücken.

Dorotty Szalma kennen sie von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt/Main. Die gebürtige Ungarin studierte dort von 1996 bis 1999 Theaterregie, Barbara und Jürgen Esser waren ihrerseits Dozenten. „Wir haben ihre Diplomarbeit betreut“, erzählt der Regisseur. Auch nach dem Studium hielten sie weiter Kontakt. Frau Szalma inszenierte auch am Stadttheater Gießen, wo Essers von 1993 bis 2001 Schauspieldirektoren waren.
„Sie hat uns gefragt, ob wir nicht in ihrem ersten Jahr in Zittau ein Stück machen wollen“, berichtet Barbara Esser. Das Angebot habe sie natürlich gefreut. Bedingung war nur, dass sie ein Stück auf die Bühne bringen, das sie bis dahin noch nicht inszeniert hatten. Bei ihrer langen Theaterkarriere ist das nicht so einfach. Die beiden Kölner haben unter anderem schon Stücke von Gorki, Lessing, Goethe, Brecht und Kleist inszeniert. „Als uns Frau Szalma sagte, dass ‚Kasimir und Karoline‘ noch frei ist, haben wir sofort zugeschlagen“, berichtet der Theatermann. Bereits in Gießen hatten die Essers bei einem Horvath-Stück Regie geführt, es handelte sich damals um die relativ unbekannte Komödie „Hin und her“.
Die Geschichten des österreichisch-ungarischen Schriftstellers (1901 – 1938) haben nach ihrer Meinung nichts an ihrer Relevanz verloren. In „Kasimir und Karoline“ kämpfen die beiden Protagonisten zwischen neuen Versuchungen und alten Belastungen um ihre Beziehung. Während Karoline feiern will, hat Kasimir dazu keine Lust, er wurde am Vortag entlassen. Im Streit trennen sie sich. Karoline flirtet mit anderen Männern und Kasimir betrinkt sich mit kleinkriminellen Ex-Freunden. Das Thema Arbeitslosigkeit und die daraus resultierenden Folgen spielen in der Region eine große Rolle. „Über die Situation hier vor Ort haben wir uns vorher kundig gemacht“, so Jürgen Esser. Horvaths Text mussten sie kaum verändern. Der Begriff Hartz IV wurde aber aufgenommen, da er zu Lebzeiten des Autors nicht bekannt war. Die Arbeit am Zittauer Theater habe beiden Riesenspaß gemacht. „Uns hat die Bereitschaft des Ensembles, mit fremden Regisseuren zu arbeiten, sehr beeindruckt“, lobt Barbara Esser und erzählt, dass sie in einem anderen Haus von einem Schauspieler mit dem Satz begrüßt wurde, dass er sich in kein Konzept pressen lasse. „Dabei bringt ein Regisseur doch immer ein Konzept mit“, fragt sich die 63-Jährige. In Zittau sei der Umgang ganz anders gewesen, fast schon ein traumhaftes Arbeiten. „Wir haben hier Lust bekommen, mehr zu machen“, sagt Jürgen Esser. Doch die Entscheidung liegt letztlich bei Dorotty Szalma.
„Kasimir und Karoline“ feiert am Sonnabend um 19.30 Uhr Premiere. Weitere Vorstellungen gibt es am 16. April (Studententag), 2. und 3. Mai jeweils um 19.30 Uhr sowie am 27. April um 15 Uhr.