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Reiches Wilsdruff, armes Rabenau

Ein Finanzvergleich der Städte und Gemeinden zeigt: Auch wer viel einnimmt, kommt ohne Schulden nicht aus.

Von Annett Heyse
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Bedeutet eine große Gemeinde zu sein auch gleichzeitig viel Einnahmen?
Bedeutet eine große Gemeinde zu sein auch gleichzeitig viel Einnahmen? © dpa

Wenn die Städte und Gemeinden zu Jahresbeginn ihre Haushaltspläne beschließen, naht die Stunde der Wahrheit. Steuereinnahmen, Investitionen, Verschuldung – zwischen den meist mehr als einhundert Seiten dicken Paketen ist die gesamte Finanzkraft einer Kommune fein säuberlich aufgelistet. Hier zeigt sich, welche Gemeinde sich etwas leisten kann und welche nicht. Doch stehen die vermeintlich großen, starken Städte wirklich besser da als die kleinen Dörfer? Die Sächsische Zeitung macht den Finanz-Check.

Verschuldung: Rabenau hat kaum noch Verbindlichkeiten

Rabenau schafft das, wovon andere noch träumen: Die Stadt hat kaum noch Schulden. Aktuell sind noch rund 212 500 Euro offen, die zurückgezahlt werden müssen. Das entspricht einer Pro-Kopf-Verschuldung von knapp 48,50 Euro – was in der Region einsame Spitze ist. Und Rabenau will in diesem Jahr weitere Kredite zurückzahlen. Gelingt das wie geplant, könnte die Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresende auf rund 37 Euro sinken. Das ist in der Region einsame Spitze. Die Nachbarstadt Tharandt weist aktuell eine Pro-Kopf-Verschuldung von 780 Euro auf. Kreischa liegt bei 381 Euro und Bannewitz bei rund 669 Euro. Dort werden die Schulden sogar noch steigen – auf gut 930 Euro Schulden pro Einwohner.

Kredite: Wilsdruff und Bannewitz investieren auf Pump

Dass die Bannewitzer Schulden seit Jahren erstmals wieder ansteigen, hat einen Grund: Die Gemeinde will hinter der Grund- und Oberschule „Am Marienschacht“ eine neue Dreifeldhalle bauen. Das kostet mehr als sechs Millionen Euro. Dafür müssen insgesamt 3,5 Millionen Euro Kredit aufgenommen werden. Zwei Millionen Euro sind bereits bewilligt, weitere 1,5 Millionen Euro sollen dieses Jahr dazukommen.

Auch Wilsdruff investiert in Schule und Bildung, dieses Jahr soll das neue Gymnasium mit dem Turnhallenneubau fertig werden. Dafür wurde ein Darlehen von insgesamt 7,8 Millionen Euro aufgenommen. Weitere 1,4 Millionen Euro borgt sich die Stadt, um die neue Rettungswache zu bauen. Wilsdruff kommt damit auch auf die höchste Verschuldung der umliegenden Kommunen: Die Summe liegt bei 1 500 Euro pro Einwohner.

Steuereinnahmen: Gewerbegebiete werfen viel Geld ab

Wilsdruff und Bannewitz können sich die Neuverschuldung auch leisten, weil ihre Gewerbesteuereinnahmen hoch sind. Wilsdruff kommt auf 7,9 Millionen Euro, Bannewitz auf 2,8 Millionen. Nur Freital liegt mit neun Millionen noch darüber.

Die anderen Gemeinden müssen aufgrund ihrer ländlichen Struktur mit weniger Gewerbesteuereinnahmen auskommen. Kreischa immerhin kommt – vor allem dank der Bavaria-Klinik – mit 1,5 Millionen Euro noch über die Millionengrenze. Rabenau nimmt nur 825 000 Euro ein, in Tharandt 770 000 Euro.

Einkommen: Freitaler und Rabenauer verdienen wenig

Dafür ist die Forststadt bei der Einkommenssteuer im sicheren Mittelfeld. Diese belaufen sich auf stolze 1,9 Millionen Euro, pro Kopf sind das 351 Euro. Auch die Wilsdruffer verdienen nicht schlecht: 5,3 Millionen Euro fließen aus der Einkommenssteuer ins Stadtsäckel, das sind 371 Euro pro Einwohner.

Freital kassiert 12,2 Millionen Euro, allerdings verdienen die Freitaler etwas weniger als die Einwohner der Nachbarkommunen, sie bringen nur 311 Euro pro Kopf auf. Die Rabenauer sind Schlusslicht mit 305 Euro Einkommenssteuer pro Kopf, verdienen also vergleichsweise am wenigsten. Bannewitz dagegen kann sich einer gut verdienenden Mittelschicht rühmen – hier bleiben fast 4,6 Millionen Euro Einkommenssteuer hängen. Das sind pro Kopf stolze 416 Euro.

Sozialausgaben: Wilsdruff hat die höchsten

Einwohner bringen nicht nur Geld mit, sie kosten auch eine Menge. Deutlich sichtbar wird das an den Sozialausgaben, also den Kosten für Kindergärten, Schulen, Wohnen, Kultur und Sport. Freital beispielsweise muss dafür jährlich 591 Euro pro Einwohner aufbringen, Tharandt liegt bei 595 Euro, Kreischa bei 666 Euro und Wilsdruff bei 688 Euro – Tendenz: steigend.

Dazu muss man sagen, das Wilsdruff pro Einwohner vor allem viel Geld für die Kinderbetreuung ausgibt, mehr als beispielsweise Freital. Hier zeigt sich, dass hohe Geburtenzahlen und Einwohnerzuwachs in den jüngeren Jahrgängen zunächst einmal Mehrkosten verursachen. Für Wilsdruff dürfte die Summe noch anwachsen. In der Stadt geht zudem in diesem Jahr ein neues Gymnasium in Betrieb, die Ausgaben für die Bildungseinrichtungen dürften damit in den nächsten Jahren weiter ansteigen.

Investitionen: Viel Geld für Schulen

Die Kommunen investieren in diesem Jahr und darüber hinaus viel Geld in ihre Schulen. An der Spitze steht Wilsdruff, wo für 24 Millionen Euro ein neues Gymnasium entsteht. Baustart war 2017, ein Teil des Geldes wurde bereits ausgegeben. Die Stadt Freital möchte im Sommer mit der Sanierung und Erweiterung der Geschwister-Scholl-Oberschule im Stadtteil Hainsberg beginnen. Dafür sind 8,5 Millionen Euro veranschlagt. Bannewitz will neben dem Neubau der Dreifeldhalle schrittweise bis 2021 die alte Schulturnhalle sanieren und zur Mensa umbauen. Die Arbeiten starten in Kürze.

Die Stadt Tharandt weist mit großem Abstand die höchste Investitionssumme pro Einwohner auf. Das liegt vor allem an einigen Großprojekten. 1,8 Millionen Euro investiert die Gemeinde dieses Jahr in die Sanierung der Grundschule im Kurort Hartha. Für den Ausbau schneller Internetverbindungen stehen rund 3,6 Millionen Euro im Haushalt – Geld, das die Stadt vollständig über Fördermittel bekommt.

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