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Reiterhof oder Künstlergut?

Der Niederhof in Kottmarsdorf ist momentan noch ein Schandfleck für den Ort. Studenten der Hochschule Zittau/Görlitz nahmen sich einer großen Herausforderung an und erarbeiteten mögliche Nutzungskonzepte für den Hof.

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Von Ines Haupt

Historisch wertvoll, aber nicht unbedingt einladend ist der Niederhof in Kottmarsdorf. Wenn Eigentümer Job Arnhold durch die Gebäude des Vierseithofes geht, denkt er oft an die Zeit zurück, in der noch Leben auf dem Hof war.

1912 kaufte sein Vater das Gut, das um 1887 von der Stadt Löbau erbaut wurde. Mit Feldbau und Viehzucht betrieb die Familie Landwirtschaft. „Vor allem unsere Zucht von Pferden, Schafen, Rindern und Schweinen nach modernsten Ansichten sorgte für einen hervorragenden Ruf des Gutes“, erinnert sich Job Arnhold.

Als jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg unter schwierigsten Bedingungen von Mutter Arnhold das Soll nicht mehr gebracht wurde, folgte 1953 die Enteignung. Sohn Job ging darauf in die alten Bundesländer, der Hof wurde zum Eigentum der LPG erklärt.

1990 kam Job Arnhold mit seiner Familie – seine Frau stammt aus Argentinien – das erste Mal in seine Heimat zurück. „Meine Leute wollten ja auch gern wissen, wo meine Wurzeln liegen“, sagt der Eigentümer des Hofes. In Bautzen quartierte er, doch auf dem Hof hatte er zu dieser Zeit noch nicht viel zu suchen. Bis der Antrag „Wiedererlangen des Eigentums“ genehmigt wurde, dauerte es noch einige Jahre. Job Arnhold war beruflich damals noch oft im Ausland für Entwicklungshilfeprojekte unterwegs.

Erst Oktober 1998 fand die endgültige Rückübertragung statt. Die LPG zog aus. Sanierungsbedürftige Bauten und allerhand Müll auf einem zwei Hektar großen Hof konnte er jetzt sein Eigen nennen. Doch für Um- und Ausbauten fehlten nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Zeichnungen.

Durch seinen Sohn Erik, der an der Hochschule in Zittau studiert, stieß der Eigentümer auf Professor Jos Tomlow. Im vergangenen Jahr trafen sie sich in Kottmarsdorf, um gemeinsam mit 20 Architekturstudenten den Niederhof und die Gebäude mit ihren rund 6 000 Quadratmetern zu vermessen.

Für vier Studenten entstand aus dieser Aktion, dem Seminar „Denkmalpflege im Städtebau“, sogar die Diplomarbeit. Ihre Aufgabe war es, eine Neunutzung des denkmalgeschützten Ensembles zu konzipieren. Innerhalb von vier Monaten entstanden vier Projekte, von denen Job Arnhold sehr überrascht war. „Die Schwierigkeit der Aufgaben lag in der Dimension des Hofes“, sagt der Professor, der die Arbeiten betreute. „Der Hof ist sehr in die Länge gezogen, und die Gebäude stehen sich nicht gleichmäßig gegenüber“, erklärt er.

Dennoch entstanden gute Konzepte, die für eine Sanierung ansprechend sind. Für einen Therapiehof mit Feriendomizil entschied sich Ramona Noack. Neben dem Reiten und der Pferdepflege plant sie Wohnmöglichkeiten und ein Restaurant. Kernstück ist die Behandlung von behinderten und kranken Kindern.

Die Idee mit dem Reiterhof hatte auch Jan Fallgatter. Sein Konzept beinhaltet zum Beispiel eine Manege. Die Längswand einer Scheune wird dabei durch eine moderne Erweiterung ersetzt, wodurch genügend Platz geschaffen wird.

Madlen Frehse konnte sich für einen Ökobauernhof begeistern. In ihrem Projekt favorisiert sie einen ökologischen Anbau. Die Produkte gilt es zum einen auf dem Hof zu verkaufen und zum anderen im Restaurant zu verarbeiten. Selbst für Feriengäste hat sie Unterkünfte eingeplant.

Zu guter Letzt stellt Verena Alex ihr Projekt vor. Sie war von der Substanz Granit, aus der die Gebäude größtenteils bestehen, so fasziniert, dass sie ihre Arbeit als „Kunstgut Granit“ darstellt. Neben der künstlerischen Schiene plant sie ein Musikcafé und Töpfer- und andere Kurse. Damit möchte die Studentin das Dorfleben in den Hof integrieren.

Alle vier Arbeiten wurden vor kurzem mit dem Diplomabschluss gewürdigt. Jetzt, wo das Gut mittlerweile aufgeräumt ist und notwendige Dachsanierungen anlaufen, bleibt für den Eigentümer Job Arnhold noch die Frage, welches Projekt er am ehesten realisieren kann. Denn er möchte auch gern wieder Leben auf dem Niederhof in Kottmarsdorf sehen.