Von Manuela Reuß
Schrauben und Schrubben stand am Mittwochnachmittag für Michael, Dominik, Jonas und Co. auf dem Stundenplan. Die sechs Fünft- und Sechstklässler der Mittelschule Räckelwitz sind die Neulinge beim Ganztagsangebot Motocross – einer deutschlandweit bisher einzigartigen Aktion. Insgesamt 13 Jungen und ein Mädchen lernen bei diesem vom MC Jauer angebotenen freiwilligen Zusatzunterricht seit zwei Jahren Motocross fahren. Dazu gehört auch Theorie, erklärt Trainer Martin Spittank. Die angehenden Rennfahrer sollen schließlich wissen, welche Hebel am Krad welche Funktionen haben. Deshalb gehören auch Werkstattbesuche zum Unterricht.
Für den Technik-Exkurs stellte Martin Spittank seine Privat-Werkstatt in Siebitz gern zur Verfügung. „Hier haben wir früher nächtelang geschraubt“, erinnert er sich. Damals. Als er noch aktiver Cross-Fahrer und als solcher übrigens sogar sächsischer Meister war. Am Mittwoch ging es darum die Cross-Bikes aus dem Winterschlaf zu wecken. Die aufgebockten Maschinen mussten auseinandergebaut werden. Also spuckten die Teenager in die Hände und schraubten los. Begleitet von eifrigem Gemurmel. Das klappte nicht immer auf Anhieb. Manche Schraube klemmte, ließ sich nur schwer lösen. Für Jonas eine besonders knifflige Aufgabe. Denn der angehende Rennfahrer hatte mit einem Handicap zu kämpfen. Der eingegipste rechte Arm schränkte seine Bewegungsfreiheit ein. Beim Sport hatte er sich vor sechs Tagen einen Splitterbruch zugezogen. Doch das war für ihn keinesfalls ein Grund, den Werkstatt-Termin zu versäumen.
Krümmer, Schalldämpfer, Tank, Luftfilter, Schutzbleche – ein Maschinenteil nach dem anderen landete auf der Werkbank. Fein säuberlich aufgereiht. Martin Spittank achtete darauf, dass herausgedrehte Schrauben und Muttern in die jeweils dafür vorgesehene Schachtel wanderten. Am Ende standen die zwei grasgrünen Kawasaki-Motocross-Maschinen, die der ADAC dem MC Jauer im Mai vorigen Jahres schenkte, als nackte Metallgerippe da. Nun hieß es Schrubben. Michael wusch in einem Eimer die Luftfilter aus. Die sind anders als bei vielen Autos wiederverwendbar, erklärt der Trainer. „Das ist umweltfreundlicher.“ Die anderen Jungs bewaffneten sich mit Papiertüchern und Waschbenzin und rückten dem Dreck auf den Bauteilen zu Leibe. „Das riecht nach Doktor“, stellte Dominik fest. Martin Spittank achtete auf Gründlichkeit, schickte auch schon mal einen seiner Schützlinge mit der Bemerkung „Das ist aber noch nicht sauber“ wieder an den Putztisch zurück.
Die zweite Gruppe – quasi die alten Hasen des Ganztagsangebotes – müssen die Bikes nächste Woche dann wieder zusammenschrauben, sodass die grünen Rennmaschinen wieder einsatzbereit sind. Auf die Piste kann der Nachwuchs allerdings jetzt noch nicht. „Ich hoffe, dass der Frühling endlich mal kommt“, wünscht sich der Trainer. Bis dahin müssen die Schüler mit Hallentraining vorliebnehmen.
Das ist nicht ganz so spannend. Der Werkstatt-Ausflug ist da eine willkommene Ablenkung. „Es ist gar nicht so einfach, die Truppe bei Laune zu halten“, weiß Martin Spittank. Schließlich seien sie die Halbwüchsigen in einem Alter, wo sie schnell auch mal das Interesse an einer Sache verlieren können.
Motorsport sei für Kinder aber schon etwas Besonderes, weiß der Trainer. Seit acht Jahren trainiert der Sportphysiotherapeut auch den Nachwuchs beim MC Jauer. Er sieht in dem Ganztagsangebot eine hervorragende Möglichkeit, talentierte Kinder und Jugendliche für den Motorsport zu gewinnen. Der ADAC unterstützt den Club dabei tatkräftig. Dieses Jahr soll der Verein ein weiteres Kinder-Cross-Bike bekommen. Martin Spittank freut’s, denn es trägt dazu bei, die Kinder für einen Sport zu begeistern, den er selbst liebt.