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Rennpappen erobern Großenhain

Aktion. Beim 1. Trabi- Anschubwettbewerb traf Sportsgeist auf Humor: „Kirchenmäuse“ kämpften gegen „Schlüppergummis“.

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Von Doreen Lehmann

Der Start sah ein bisschen aus wie beim Bobfahren: Vier Oberkörper weit nach vorn gebeugt, Arme gegen das Gefährt gestemmt und dann ein kraftvoller Antritt. Der Trabant rollte los. Insgesamt 23 Teams wuchteten so am Samstag den knallgelben Hauptstar des 1. Großenhainer Trabiwettschiebens 100 Meter die Bahnhofstraße hinauf. Die humorvollen Anstifter des Juxes, das Team des apriori Therapiezentrums, hatten ihren „Tag der offenen Tür“ also originell in Szene gesetzt.

500 Kilo in Fahrt bringen

Und der verlangte Muskelkraft und Kondition. Immerhin waren geschätzte 500 Kilo Automasse in Fahrt zu bringen. Die Mannschaften von jeweils vier Mann plus einem Lenk-Insassen kämpften um jede Sekunde. Dass der Wettkampf-Wagen dabei im wahrsten Sinne des Wortes ein Klücks-Bringer war, versteht sich von selbst: Autohaus-Chef Dietmar Klück vom Renault-Center Großenhain hatte extra sein Cabrio-Schmuckstück dafür hergegeben.

„Die letzten Meter waren noch mal ein ganz schön harter Kanten“, keuchte Feuerwehrchef Bernd Sauer im Ziel. Sein Skassaer Anschub-Team loste den ersten Startplatz und legte auch gleich ordentlich vor: 25,20 Sekunden. Doch das sollte noch getoppt werden. Zwar nicht vom „Team Dank Hartz IV schieben wir!“, der „AC Schlüppergummi“ oder den „Kirchenmäusen in action“. Sie fielen mit ihrer weiblichen Verstärkung in die Kategorie Mixed-Teams.

Nein, härtere Männer-Konkurrenz lief mit der Stema-Mannschaft auf: 24,16 Sekunden. Begeisterte Jubelstürme am Pistenrand. „Wir wissen eben, wie man Anhänger schiebt“, scherzt Roman Kaspar mit dem Wink auf ihre Profession. Half nichts, auch diese Zeit wurde weggeputzt. Der Werkstatttreff Blattersleben schaffte es am Ende, unter 23 Sekunden durchzumarschieren. Mentalen Beistand gab ihnen Dennis Klingner, ein wahrer Fan der DDR-Rennpappe.

Oldtimer verraten die Fans

„Früher bin ich öfter mal zu Trabitreffen gefahren und wenn ich das heute hier sehe, kribbelt´s schon wieder“, meinte er. Ein lindgrünes 68er Oldtimermodell steht noch in der Garage und wartet auf Reaktivierung. Johannes Pinkert kam dagegen gleich mit seinem Militär-Trabi vorbei: „Ein Originalstück der Grenztruppen, noch mit richtiger Kalaschnikow-Halterung“, verriet er.

Das Interesse übertraf die Erwartungen bei weitem. Über 300 Schaulustige säumten den Straßenrand, um das Spektakel zwischen Herrmannstraße und Mozartallee zu sehen. Wetterbedingte Zittermomente hatten die Veranstalter, das apriori Therapiezentrum, die Schützenhaus Eventgroup sowie die Druckerei Starke und Sachse, dennoch zu überstehen. Plötzlich, nach zehn Durchgängen, öffneten dunkle Regenwolken ihre Schleusen. Egal, nach einer kurzen Unterbrechung zeigte sich wieder der Sportsgeist und die nächsten Teams schoben den Zweitakter über den nun schlierigen Straßenbelag. „Weil es fair bleiben sollte, haben wir am Ende extra noch eine Regenwertung rein genommen“, so Enrico Zeiske. Als wahre Regenprofis erwiesen sich der Großenhainer Fitnessclub, Team „Dorfstraße 18“ und die „Schieberbande“.

Die unverhoffte Regenpause nutzten dann auch viele, um sich ausgiebig im Präventions- und Therapiezentrum umzusehen. Seit 2002 bietet es Physiotherapie und Fitnesstraining unter medizinischer Fachberatung. Die sportlichen Mitarbeiter waren eine Hausmacht für sich: Platz eins in der Mixed-Wertung.

Pfarrer kommt im Anzug

Optisch fielen nur wenige aus dem Rahmen, Basecaps und legere Kleidung dominierten unter den Anschub-Trupps. Deshalb überraschte Pfarrer Erik Panzig erst recht durch Seriosität. Er kam im schwarzen Anzug: „Ich wollte einfach zeigen, wen wir repräsentieren“. Das Team der Marienkirchgemeinde zeigt dann wahrlich Puste. Vorher geübt? Der Pfarrer winkt lachend ab. Ein bisschen Freizeitsport und hohe Motivation mussten ausreichen. „Das machen wir völlig aus der Kalten“, nahmen es die meisten locker.

Anders der Jugendclub Stroga. Dessen Mitstreiter standen bereits gut im Training und hatten zu Hause paar Testläufe absolviert. „Das Wichtigste ist der Start, wenn es einmal rollt, ist eh nicht mehr viel zu beschleunigen, dann läuft man nur noch mit“, so Club-Chef Steffen Miene. Ans Steuer haben die Jungs ohne zu Murren weibliche Verstärkung gelassen. Charlotte Ullmann war vor dem Start guter Dinge und siehe da: 3. Platz in der offenen Wertung.

„Wir wollen es auf jeden Fall im nächsten Jahr fortsetzen, das ist doch ein schöner neuer Höhepunkt für Großenhain“, meinte Sporttherapeut Zeiske nach der gelungenen Erstausgabe. Ein Teil der Startgebühren sowie alle Sponsorenspenden kommen nun der Förderschule in Skäßchen zu Gute. Allein dafür lohnt sich eine Neuauflage.