Rettung für drei Görlitzer Eckhäuser

Das Eckhaus auf der Gutenbergstraße hatte schon mehrere Eigentümer. Lange hat es dem städtischen Großvermieter Kommwohnen gehört, später einem Architekten aus Dresden. Daniel Heidrich hat es erst dieses Jahr gekauft – weil er an das Gebäude glaubt. „Die Lage ist sehr gefragt, die Wohnungsgrundrisse sind sehr gut und im Hof können wir sogar fünf bis sechs Stellplätze schaffen“, sagt der Heizungsbaumeister, der in Schönau-Berzdorf die Firma Heidrich Haustechnik leitet.
Nicht jede Wohnung mit Balkon
Er ist einer von drei Mutigen, die jetzt in Görlitz ein Eckhaus sanieren wollen. Mutig deshalb, weil Eckhäuser oft große Nachteile haben: Die Innenhöfe sind in der Regel klein, die Hoffassaden auch, sodass nicht jede Wohnung einen Balkon erhalten kann. Dafür sind die Straßenfassaden meist sehr groß, aber dort erlaubt der Denkmalschutz keine Balkone. Die Folge: Eckhäuser sind oft die letzten, die saniert werden.
„Jetzt kommt noch ein Problem hinzu“, sagt Hartmut Wilke vom Amt für Stadtentwicklung: „Die Förderbedingungen haben sich verschlechtert.“ Eigentümer erhalten nur noch einen Fördersatz von 25 statt bisher 40 Prozent. Und nur noch die sogenannten unrentierlichen Kosten sind förderfähig – also jene, die dem Bauherren nichts nützen, die ihm später keine Einnahmen bringen. „Für die Eigentümer ist es jetzt ein Wagnis, weil sie nicht wissen, ob sie später etwas zurückzahlen müssen“, bedauert Wilke. Umso mehr freut er sich, dass drei Baustellen jetzt trotzdem starten.

Eine davon ist die Sohrstraße 9/Ecke Emmerichstraße. Drei Freunde aus dem Raum Halle/Leipzig haben das Haus gekauft. „Wir haben zusammen schon zwei Häuser in Halle und zwei in Chemnitz saniert, in Görlitz wird das ebenfalls unser zweites“, sagt Jan Klahre, einer der Drei. Der 44-Jährige ist Jurist, Diplom-Finanzwirt und arbeitet jetzt als Niederlassungsleiter einer Werbeagentur in Halle. Görlitz ist für das Trio eine reizvolle Stadt – wegen der Architektur, der Grenznähe zu Polen, aber auch den Hollywood-Filmdrehs.
Zehn Wohnungen geplant
Dass die Sohrstraße 9 ein Eckhaus und noch dazu in sehr schlechtem Zustand ist, hat die drei nicht gestört: „Wir waren bei der Besichtigung nicht so erschrocken, für uns war das Haus nicht unattraktiv.“ Klar, der Hof sei sehr klein und ohne Parkmöglichkeiten, aber irgendeinen Nachteil gebe es doch überall. Das Haus war preiswert, im Umfeld ist vieles saniert. Im Haus sind zehn Wohnungen geplant – zwei auf jeder der fünf Etagen. „Trotz Ecklage schaffen wir es, jede der zehn Wohnungen mit einer Loggia auszustatten“, sagt Klahre. Noch dieses Jahr sollen die Arbeiten beginnen, bis Ende 2021 alles komplett fertig sein.
Die SZ hatte im Juni 2017 unter der Überschrift „Zehn große Sorgenkinder“ über die zehn marodesten Häuser der Stadt geschrieben. Die Sohrstraße 9 gehörte damals dazu. Umso mehr freut sich Amtsleiter Wilke, dass es jetzt neue Eigentümer gibt, die dieses Haus sanieren wollen: „Im Umfeld lässt es sich schon jetzt gut leben, aber Eckhäuser sind besonders prägnant, schon deshalb ist die Sanierung sehr gut.“

Fast noch wichtiger findet er, dass auch die Salomonstraße 20 neue Eigentümer hat, die loslegen wollen: „Im Gegensatz zur Sohrstraße ist das vielleicht ein Impuls für ein ganzes Quartier“, sagt Wilke. Auf der Salomonstraße wechselt sich bisher meist ein saniertes mit einem unsanierten Haus ab. Wenn nun ausgerechnet das Eckhaus zur Bahnhofstraße saniert wird, sei das für das ganze Quartier gut. „Von außen sieht das Haus noch ganz passabel aus, aber von innen nicht“, sagt Wilke. Teilweise gebe es auch hier Deckendurchbrüche, aber längst nicht so schlimm wie auf der Sohrstraße.
Hier sind keine Wohnungen geplant, sondern ein Dienstleistungs- und Innovationszentrum, also ein Bürogebäude. Bauherren sind zwei Privatpersonen, die im Moment noch nicht namentlich genannt werden wollen, weil noch wichtige Gespräche anstehen. „Im Juni gehen wir an die Öffentlichkeit“, verspricht einer der Beiden.
Die Stadträte im Technischen Ausschuss indes stimmten jetzt einstimmig zu, dass die beiden Häuser in der Innenstadt Fördermittel für die Instandsetzung der äußeren Hülle – also Dach, Fassade und Fenster – erhalten sollen. Die Bauherren auf der Sohrstraße bekommen knapp 115.000 Euro, die auf der Salomonstraße 106.000 Euro.

Die Gutenbergstraße hingegen liegt nicht im Fördergebiet. Daniel Heidrich saniert neben dem Eckhaus 1 auch die angrenzende Nummer 2. Insgesamt entstehen 17 Wohnungen, erklärt er: „Darunter sind Zwei-, Drei- und Vierraumwohnungen.“ Sogar eine 140-Quadratmeter-Penthouse-Wohnung mit 30-Quadratmeter-Dachterrasse über beide Gebäude soll es geben. Ansonsten werden die beiden Häuser aber nicht verbunden: Jedes erhält seinen eigenen Aufzug. So werden die Häuser seniorengerecht. Allerdings will der Bauherr alle Generationen ansprechen, mit den größeren Wohnungen auch Familien. Nur vier Wohnungen bleiben ohne Balkon.
Mieter können 2021 einziehen
Genau wie auf der Sohrstraße ist auch hier eine energetische Sanierung geplant. Und genau wie die dortigen Bauherren hat auch Heidrich Erfahrung mit Sanierungen: „Ich habe schon mehrere Immobilien in Görlitz und Löbau.“ Die Baugenehmigung für die beiden Häuser in der Gutenbergstraße ist da, die Entkernung hat gerade begonnen. Bis Mitte nächsten Jahres sollen die Häuser saniert sein, im Herbst 2021 die Mieter einziehen. „Ich habe jetzt schon die ersten Mieteranfragen“, berichtet er. Das zeigt ihm: Auch Eckhäuser sind gefragt, wenn die Lage stimmt. Mietverträge schließt er noch nicht ab, aber Grundrisse gibt er schon an Interessenten heraus.
Kontakt Gutenbergstraße: Telefon 0172 1834951