Tellereisen am Riesaer Tierheim ausgelegt

Riesa. Die Falle hat Uwe Brestel aufbewahrt. Auf dem Fensterbrett im Tierheim-Büro auf Gut Göhlis liegt das gut handtellergroße Fangeisen. "Es ist noch etwas Fell drin", sagt der Tierheim-Leiter mit ernster Miene. Er hat eine Ahnung, was für Fell es sein könnte.
In den vergangenen Monaten seien auf dem Tierheim-Grundstück ab und an einige der heimischen Hauskatzen abgängig gewesen, erzählt Brestel. Eigentlich kein ungewöhnlicher Vorgang. Stutzig geworden sei er erst, als auch eine Mutterkatze verschwand. Die habe erst wenige Wochen zuvor fünf Junge zur Welt gebracht. Dass sie auf einmal nicht auftauchte, fand der Tierheim-Leiter ungewöhnlich.
Wenig später fanden dann zwei Kinder die zugeschnappte Falle - beim Spielen. "Sie lag am Hundespielplatz, hinter dem Tierheim", sagt Uwe Brestel. "Wir sind daraufhin auch gleich das Gebiet abgelaufen." Weitere Fallen gefunden hätten sie aber nicht.
Wer das Fangeisen an die besagte Stelle gelegt hat und warum, das ist unklar. Einen Verdacht hat der Tierheimleiter nicht. "Wir sind mit den Nachbarn eigentlich bisher immer gut ausgekommen", sagt er. Beschwerden habe es noch nie gegeben, und die Gassigänger seien ja ohnehin nicht in Richtung der Wohnbebauung unterwegs.

Und doch hat es nun jemand auf das Tierheim oder zumindest die freilaufenden Katzen abgesehen. Zumindest scheint es so. Der Tierheimleiter will niemanden falsch verdächtigen oder gar von "Katzenfängern" erzählen.
Aber komisch sei das alles schon. Zur Anzeige gebracht hat Uwe Brestel den Fallenfund trotzdem nicht. So richtig könne er auch nicht sagen, weshalb. Dann sagt er noch: "Viel kommt bei sowas ja auch nicht rum." Das sei ja schon bei den Einbrüchen so gewesen, die sich Ende 2019 ereignet hatten.
Die Behörde reagiert zurückhaltend
Dass frei herumlaufende Katzen beispielsweise angeschossen werden, kommt immer wieder vor. Auch im Landkreis Meißen wurden derartige Fälle schon verzeichnet. Zumindest Jäger dürfen unter bestimmten Umständen Haustiere abschießen. Und zwar dann, "wenn sie im Jagdbezirk in einer Entfernung von mehr als 300 Metern vom nächsten Wohngebäude entfernt entweder angetroffen oder in Fallen gefangen werden", wie es im Jagdgesetz heißt.
Beim Tellereisen allerdings liegt der Fall noch einmal anders. Wer es ausgelegt hat, der hat sich strafbar gemacht. "Tellereisen sind nach der EU-Tellereisenverordnung verboten", erklärt Anja Schmiedgen-Pietsch, Sprecherin des Landratsamts in Meißen.
Etwas anders liege der Fall bei den sogenannten Abzugseisen. Die lösen auf Zug aus, nicht auf Druck, und werden "weit verbreitet jagdlich genutzt" - etwa in Wohngebieten, wo nicht geschossen werden darf. Das Amt äußert sich zurückhaltend zu dem Fall.
"Mit dem gegenwärtigen Kenntnisstand können wir nicht sagen, wer die Falle zu welchem Zweck ausgelegt hat und wollen hier auch nicht mutmaßen", betont die Sprecherin. "Von daher sind auch Aussagen zu möglichen Strafen schwierig."
Tellereisen "seit Jahrzehnten verboten"
Der Deutsche Jagdverband DJV ist da eindeutiger. "Es handelt sich um ein sogenanntes Tellereisen", erklärt DJV-Sprecher Torsten Reinwald nach Ansicht des Fotos. "Dieses ist seit Jahrzehnten in Deutschland verboten."
In der Jagd seien heutzutage einzig die sogenannten Schwanenhälse als Totfanggeräte zugelassen, und selbst die nur samt eines Fangbunkers. Damit soll gewährleistet werden, dass tatsächlich nur Marder gefangen werden. "Selbst Kinder kommen nicht an die Falle. Auch der Deckel des Bunkers ist entsprechend gesichert: Wird versucht, ihn gewaltsam zu öffnen, löst die Falle sofort aus."
Bei Tellereisen ist das anders. Darauf weist auch der Tierschutzbund hin. Durch Tellereisen würden nicht nur Tiere qualvoll verenden, "sondern auch Menschen erheblich gefährdet (...), wie beispielsweise spielende Kinder, die damit in Berührung kommen können", so Sprecherin Lea Schmitz.
Fakt ist, dass die Jagd mit solchen Totschlagfallen als Ordnungswidrigkeit geahndet wird und eine Geldbuße von bis zu 5.000 Euro sowie den Entzug der Jagderlaubnis nach sich ziehen kann. "Wenn sich ein Haustier im Fangeisen verfängt und ihm so länger anhaltende Schmerzen und Leiden zugefügt werden, handelt es sich um den Straftatbestand der Tierquälerei", erklärt Lea Schmitz. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft. "Generell wird aber das maximale Strafmaß nur selten ausgenutzt. Meistens bleibt es bei einer Geldstrafe."
Die fünf Jungen der verschwundenen Mutterkatze sind wohlauf, sagt Uwe Brestel. Immerhin eine gute Nachricht also. Am Tierheim sei man jetzt etwas wachsamer. "Wir gehen nach wie vor öfter mal das Gelände ab." Eine weitere Falle haben sie bisher nicht gefunden.