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Risse im Kronentor

Mit viel Aufwand restaurieren Fachleute den bekanntesten Zugang zum Zwinger. Dabei erleben sie Überraschungen.

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© steffen füssel, steffen fuessel

Von Peter Hilbert

Golden strahlt das Kronentor in der Frühlingssonne, zieht die Blicke der Zwinger-Besucher auf sich. Doch sein unterer Teil verbirgt sich hinter den Netzen eines Gerüstes. Hoch über den Passanten arbeitet Steinmetz Martin Richter von der Zwingerbauhütte gerade an einer Sandsteinsäule. Mit drei Kollegen restauriert der 31-jährige Fachmann den unteren Teil des weltbekannten Bauwerks.

Steinmetz Martin Richter bringt einen Brei als Zellstoffkompresse auf. Die zieht Salz aus dem Sandstein.
Steinmetz Martin Richter bringt einen Brei als Zellstoffkompresse auf. Die zieht Salz aus dem Sandstein. © steffen füssel, steffen fuessel
Zwingerbauhütten-Meister Ralf Schmidt zeigt einen Riss, der hinter einem Bogen entdeckt wurde.
Zwingerbauhütten-Meister Ralf Schmidt zeigt einen Riss, der hinter einem Bogen entdeckt wurde. © steffen füssel, steffen fuessel

Der Auftakt: Mit Skalpell kratzen Fachleute Schmutz vom Sandstein

Ludwig Coulin freut sich, wie gut die Steinmetze vorankommen. Als Leiter der zuständigen Dresdner Niederlassung des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) ist er für die Arbeiten zuständig. „Die Steinmetze und Bildhauer unserer Zwingerbauhütte sorgen dafür, dass die fachliche Qualität hervorragend ist“, sagt er. Den oberen Bereich hatten die Handwerker binnen eines Jahres bis November 2013 wieder in einen soliden Zustand gebracht. Dabei wurden nicht nur Sandsteinteile restauriert, sondern auch die Vergoldung der Schmuckzier am Turmhelm repariert. Seit Anfang April werden die Arbeiten in einem zweiten Abschnitt fortgesetzt. Der umfasst die Hofseite des sogenannten Erdgeschosses des Kronentors, das bis in die Höhe der benachbarten Terrassen reicht, erklärt Hüttenmeister Ralf Schmidt von der Zwingerbauhütte.

In den vergangenen Wochen haben die Steinmetze die Sandsteinoberflächen mit Bürsten, an sensiblen Stellen mit Pinseln gereinigt. Bei verkrusteten Stellen kratzten sie mit Skalpellen die kunstvollen Sandsteinbauteile ab. Dabei handelt es sich zum Großteil noch um Originale vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Um sie zu schonen, werden bei der Reinigung keine chemischen Zusatzstoffe eingesetzt.

Die Steinarbeiten: Edelstahlnadel

sichert langen Riss

Die gereinigten Oberflächen untersuchten Fachleute noch einmal genauer bei einer Schadenskartierung, erklärt Schmidt den nächsten Schritt. Dabei waren auch Risse entdeckt worden, die vorher nicht sichtbar waren. Einer davon befindet sich über einem Wandvorsprung, einem sogenannten Pilaster. Die Steinmetze bohrten den beschädigten Bereich auf und sicherten ihn mit einer 40 Zentimeter langen Edelstahlnadel. Hinter einem Bogen gibt es ebenfalls einen langen Riss. Hier ergab die statische Untersuchung jedoch, dass es ausreicht, ihn wieder ordentlich zu verfugen.

Die Anti-Salz-Aktion: Kompressen

für die Sandsteinsäulen

„Das Gerüst ist sehr aufwendig gebaut“, sagt der Hüttenmeister und verweist auf die Planen und Netze, mit denen es abgedichtet ist. „Hier darf kein Wasser oder Wind hereinkommen.“ Nur so kann der jetzige Arbeitsschritt gelingen. Steinmetz Richter und seine Kollegen bringen per Hand einen Brei aus Zellstoffkompressen auf. Damit sie halten, muss die Baustelle vor Regen und Wind geschützt sein. So wird Salz aus den Sandsteinen entfernt.

Es stammt von einer Aktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts, erläutert Schmidt. Damals war die einstige Ölfarbe mit einem stark salzhaltigen Abbeizer von den Sandsteinen entfernt worden.

Noch in diesem Monat sollen die ersten Kompressen aufgebracht sein. Vier Wochen lang werden die Sandsteine damit gereinigt. „Dann messen wir, ob der Salzgehalt gesunken ist“, so der Hüttenmeister. Danach wird eine zweite Kompresse aufgetragen. Im Extremfall sind bis zu vier Kompressen nötig, um das Salz weitgehend zu entfernen. Das ist erforderlich, um eine Beschädigung des Sandsteins künftig zu verhindern. „Da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt“, beschreibt Steinmetz Richter seine derzeitige Arbeit, mit der er im April begonnen hat. An den kunstvoll bearbeiteten Bauteilen gebe es immer wieder kleine Ecken, in die er den Zellstoffbrei festdrücken muss. „Mit einer Maschine hätten wir hier keine Chance“, begründet der 31-jährige Dresdner die aufwendige Handarbeit.

Die Perspektive: Steinmetze restaurieren Kronentor bis 2016

„Mitte Oktober wird das Gerüst fallen“, steckt der Hüttenmeister den Zeitplan ab. Dann soll die Hofseite des Kronentors frisch restauriert sein. Geplant ist, diese Arbeiten auf der anderen Seite am Zwingerteich 2015 fortzusetzen, kündigt SIB-Niederlassungschef Coulin an. Im folgenden Jahr sollen dann voraussichtlich die Arbeiten am unteren Durchgang ausgeführt werden. Dabei werden ebenfalls Sandsteine restauriert, historische Farbfassungen untersucht und die Gewölbe gestrichen. „Das Kronentor ist die Krone des Zwingers“, sagt der 63-Jährige. An diesem Dresdner Juwel werde so sorgfältig wie möglich gearbeitet, versichert er. Rund 650 000 Euro investiert der Freistaat jetzt in dessen Restaurierung.

„Wir können den Zwinger aber nie auf einmal in Ordnung bringen“, so Coulin. „Die Arbeiten hören nie auf“, beschreibt er die permanente Aufgabe. Das beginnt schon mit der wöchentlichen Kontrolltour von Hüttenmeister Schmidts Leuten. Dabei werden Balustraden oder Dachrinnen inspiziert und kleine Schäden beseitigt.