SZ +
Merken

Rocky Mountains in Tharandt

Ein europaweit einmaliges Projekt nimmt in Tharandt Gestalt an: Im neuen Forstpark des Forstbotanischen Gartens der TU Dresden sollen auf einer Fläche von 15,4 Hektar 42 verschiedene Waldformationen Nordamerikas wachsen.

Teilen
Folgen

Von Thomas Morgenroth

„Hier werden Douglasien wachsen und Rhododendren“, sagt Ulrich Pietzarka und deutet mit seiner Hand schwungvoll auf das weite Brachland unter ihm. „Und dort die Mammutbäume.“ Der Kustos des Forstbotanischen Gartens Tharandt steht auf den Rocky Mountains, die rund elf Meter hoch sind und lässt seinen Blick über die Landschaft und in die Zukunft schweifen. Vor ihm breitet sich ein unscheinbarer schmutzig-grüner Acker aus, der mit Baggern und Kippern wie eine Baustelle wirkt. Löcher werden gegraben, Hügel aufgeschüttet, Wege angelegt. In der Ferne thront das Studentenwohnheim, die Öko, auf der Weißiger Höhe.

Die einmalige Aussicht über das Schloitzbachtal soll es auch später noch geben, zwischen den Bäumen hindurch; die größten können über 100 Meter hoch werden. Die ersten werden am 25. April gepflanzt, dem Tag des Baumes. Für das europaweit einmalige Projekt in Tharandt beginnt damit die entscheidende Phase. Im Forstpark sollen auf 15,4 Hektar 42 verschiedene nordamerikanische Waldformationen wachsen. Damit wird die Fläche des 1811 angelegten Forstbotanischen Gartens nahezu verdoppelt.

In sieben Jahren wachsen Setzlinge zu Wäldern

Insgesamt, sagt Pietzarka, müssen dafür in den nächsten drei, vier Jahren um die 50 000 Bäume und Sträucher gepflanzt werden, 3 000 sollen in diesem Jahr in die Erde kommen. Darunter Buchen und Zuckerahorn, deren Wälder im Herbst mit ihrer legendären Farbenpracht Touristen aus aller Welt in die USA und Kanada reisen lassen. Nicht nur die Sachsen können sich künftig den Flug über den Atlantik sparen: Den berühmten Indian Summer (indianischen Sommer) haben sie bald vor ihrer Haustür. Ein wenig Geduld muss man natürlich noch haben: Wenigstens sieben Jahre werden vergehen, bis aus den Setzlingen kleine Bäume geworden sind, die als Summe den Namen Wald verdienen.

Aus Samen ausschließlich von Originalstandorten werden die Bäume und Sträucher seit drei Jahren in Gewächshäusern und im Freiland des Forstgartens gezogen. 1 000 verschiedene Arten sollen es am Ende sein. „Einige Raritäten fehlen noch“, sagt Kustos Pietzarka. Diese hofft er über einen Saatgutaustausch mit den USA beschaffen zu können. Den größten Teil haben die Mitarbeiter des Forstgartens während dreier Reisen selbst eingesammelt. „Es ist ein guter Grundstock vorhanden“, meint Pietzarka.

Dieser Satz gilt sinngemäß auch für die Gestaltung des Areals. Zwei Drittel der Wege sind fertig, auf denen die Besucher und Studenten binnen Minuten von den Niagarafällen über die Prärie nach Kalifornien wandern können. Viele wichtige Landschaften Nordamerikas gibt es in Tharandt künftig en miniature. Gebirgszüge der Appalachen und der Rocky Mountains zum Beispiel, beide elf Meter hoch mit Erde, Pläner und Wilsdruffer Porphyr aufgeschichtet. Nur ein Gipfel der Rockys fehlt noch.

Für 100 Euro kann jeder Baumpate werden

Der große Salzsee und die drei Seen samt Niagarafällen, deren Wasser etwa einen Meter in die Tiefe stürzen, sind bereits ausgegraben. Das Geld dafür, rund 100 000 Euro, hat der Förderverein des Forstbotanischen Gartens aus Förder- und Eigenmitteln aufgebracht. Dem gemeinnützigen Verein, der über 200 Mitglieder zählt, gehört auch der Grund und Boden des Forstparkes.

Für das spektakulärste bauliche Projekt übernimmt der Freistaat den größten Teil der Kosten. Für 500 000 Euro wird eine 120 Meter lange Holzbrücke über den Zeisiggrund gebaut, die den alten Teil des Forstgartens mit dem neuen verbindet. Pietzarka rechnet mit einem Baubeginn in diesem Frühjahr.

Die direkte Finanzierung durch das Land ist allerdings eine Ausnahme. Ein Großteil des Geldes für das ehrgeizige Projekt muss über Sponsoren aufgebracht werden. „Interessenten bieten wir Waldpatenschaften an“, sagt Pietzarka. Zehn der 42 Wälder haben bereits ihre „Onkel“, die dafür zwischen 2 500 und 25 000 Euro berappen. Aber schon mit 100 Euro kann man sich ein forstliches Denkmal setzen. Soviel kostet die Patenschaft für einen Baum, den man sich selbst aussuchen darf. Diese Paten dürfen zudem ihre Bäume als die ersten im Forstpark selbst pflanzen – und anschließend die Aussicht von den Rocky Mountains genießen.

Forstbotanischer Garten, Kontakt über Ulrich Pietzarka, Tel. 035203/3 83 12 74; Pflanzaktion: 25. April, 14 bis 16 Uhr.