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Rostock-Fan kämpft gegen Stadionverbot

Ein vermummter Fan fordert in der zweiten Instanz einen Freispruch – weil er endlich wieder am Fußballplatz stehen will.

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Von Alexander Schneider

Es war wohl nicht im Sinne der Erfinder, dass verurteilte Fußballfans nur deshalb ihren Schuldspruch anfechten, weil sie vom Fußballverband auch noch ein bundesweites Stadionverbot erhalten haben. Doch genau dazu ist es jetzt am Landgericht Dresden gekommen. Christian W., ein hart gesottener 25-jähriger Fan und Mitglied der „Ultras“ von Hansa Rostock, wurde am Amtsgericht Dresden zu 200 Euro verurteilt: Weil er sich am 23. Oktober 2010 im Dresdner Hauptbahnhof vermummt hatte, verstieß er gegen das Versammlungsgesetz.

Wie immer war auch dieses Drittligaspiel zwischen Dynamo Dresden und Hansa Rostock eine Brisanzbegegnung. Schon als die 1400 Hansa-Schlachtenbummler mit ihrem Sonderzug eintrafen, flogen Böller und Polizisten wurden verletzt. Am Bahnsteig sammelten sich die Fans, fast alle vermummt, und grölten Gesänge. Doch als im Stadion die Fetzen flogen, Pyrotechnik gezündet wurde und Spieler auf dem Rasen von Fans beworfen wurden, gab es Strafverfahren, und mehr als 100 bundesweite Stadionverbote allein für die Fans von der Küste.

Christian W. jedoch wurde nur die Vermummung angelastet. Drei Wochen hat ein Bundespolizist Videobilder vom Hauptbahnhof gesichtet und einige Hansa-Fans identifiziert. Christian W., ein mehr als zwei Meter großer, markanter Kerl, war vergleichsweise leicht aus der Masse zu filtern. Er war mal ohne und mal mit Maskerade – Kapuze, Basecap und ein vors Gesicht gebundenes hellblaues Hansa-Halstuch – zu sehen.

Hobby: Hansa und sonst nichts

Im Landgericht kritisierte der Fan nun, die Polizei unterstelle ihm, nur weil er der Ultras-Gruppierung angehöre, gewalttätig zu sein: „Hansa ist mein Leben.“ Seit zehn Jahren ist er bei jedem Spiel dabei. Er leide unter dem dreijährigen Stadionverbot – es ist schon sein zweites – des DFB, für das es keinen Anlass gegeben habe. Er habe sich nicht gezielt vermummt, sondern das Tuch nur vor der Nase, weil es alle anderen auch so machten. Das Tuch war eine Ultras-Idee. Über 2000 wurden verteilt. „Die Polizei kennt mich“, sagte W. Im Zug sei er Ordner gewesen und hatte Kontakt zu Beamten. Nun brauche er den Freispruch, um das Stadionverbot anfechten zu können.

Richter Walter Voigt überzeugten die Argumente. Es gebe kein Indiz, dass der Mann in der Fanszene gewalttätig sei, sagte er: „Die Polizei hätte die Fans im Bahnhof wenigstens auffordern können, die Vermummung abzulegen.“ Voigt verurteilte den Hansa-Fan zu einer Verwarnung mit Strafvorbehalt von 200 Euro, das ist eine zur Bewährung ausgesetzte Geldstrafe. Außerdem muss Christian W. 200 Euro an die SOS-Kinderdörfer zahlen. Ob die Strafe im Kampf gegen das Stadionverbot nutzt, ist offen.