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Ruf nach Wirtschafts-Förderer

Wirtschaft. Wieder stirbt ein Laden an Radebergs Hauptstraße. Dennoch sehen Händler und Stadt die Einkaufsstraße auf einem guten Weg.

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Von Jens Fritzsche

Dass die Mini-Textil-Filiale an der Hauptstraße Ende Oktober schließt, hat nichts mit dem Standort Radeberg zu tun. Vielmehr ist am Landgericht Linz ein Konkursverfahren über die Minitextil GmbH eröffnet worden. Auch in Dresden sind schon mehrere Filialen dicht. Für die Hauptstraße als Radebergs Haupteinkaufsstraße ist dieser Weggang bitter. Kürzlich hatte zudem die Pfennig-Oase die Segel gestrichen. Aber es gibt auch positive Meldungen: So zog das AS-Küchenstudio vom Stadtrand in die Hauptstraße, und Andrea-Moden hat hier ein leer stehendes Ladengeschäft bezogen.

Die Neuansiedlung

„Wir sind hier sehr zufrieden“, unterstreicht Angela Schweiß, Geschäftsinhaberin des AS-Küchenstudios. „Unser bisheriger Standort war ja sehr abgelegen – jetzt sind wir mittendrin, und es gibt immer wieder Kunden, die uns erst jetzt entdecken, obwohl wir schon seit 1991 in Radeberg sind.“ Die Hauptstraße sei als Ladenstandort sehr zu empfehlen, sagt Angela Schweiß.

Die Stadtverwaltung

Dass Läden schließen und neue eröffnen, ist für Radebergs Stadtsprecher Jürgen Wähnert eine ganz normale Entwicklung, wie er findet. „Wichtig ist nur, dass leer stehende Läden möglichst schnell wieder besetzt werden.“ Derzeit sieht er in diesem Zusammenhang die Hauptstraße auf einem guten Weg. „Die beiden jüngsten Neueröffnungen zeigen doch deutlich, wie attraktiv die Innenstadtlage ist.“ Eine Attraktivität, für die die Stadt den Rahmen geschaffen habe, so Wähnert. Die Hauptstraße ist grundhaft saniert worden, „und auch, dass wir im gesamten Stadtgebiet die Parkscheinautomaten abgeschafft haben, ist ein wichtiger Baustein für Radeberg als attraktive Einkaufsstadt“, glaubt der Stadtsprecher.

Der Möbelhaus-Chef

Alles das will auch Andreas Hänsel nicht negieren. Der Chef des Möbelhofs Köckritz, nur wenige hundert Meter von der Hauptstraße entfernt, hält aber aus seinen Erfahrungen heraus Radeberg nicht gerade für eine Stadt, „in die Kunden zum Beispiel aus Dresden gezielt zum Einkaufen kommen.“ Gut ein Drittel seiner Kundschaft rekrutiert der Möbelhof dabei aus der nahen Landeshauptstadt, wie der Geschäftsführer erläutert. „Aber die kommen eben nur zu uns und fahren dann wieder weg – da schlummert Potenzial für Radeberg!“ Für den Möbelhof-Chef, daraus macht er ja seit Jahren kein Geheimnis, gehört zu einer attraktiven Innenstadt durchaus auch ein großer Anbieter wie zum Beispiel ein Haus der Kette Kaufland. Kritiker halten entgegen, dass damit Innenstadt-Läden gefährdet würden, weil Märkte wie Kaufland Kunden massiv abziehen würden. Dem hält Hänsel eine aktuelle Studie aus Bautzen entgegen. Dort sind jüngst die Auswirkungen der großen Einkaufspassage „Kornmarkt-Center“ auf die Innenstadtläden untersucht worden. „Da das Einkaufszentrum mit zahlreichen Textil-Läden bestückt ist, haben einige Textil-Anbieter in der Innenstadt Probleme bekommen“, hat er gelesen. Hingegen haben sich zahlreiche neue Dienstleister – wie Handyläden oder Frisöre – angesiedelt. „Es hat also ein Wandel stattgefunden.“ Allerdings, so räumt der Möbelhof-Chef ein, „weiß natürlich niemand, wie sich die Lage ohne das Center entwickelt hätte.“ Klar ist für ihn aber, dass sich Radeberg künftig stärker als Einkaufsstadt profilieren müsse, „im Moment scheint mir der Standort in der irrigen Annahme, wenn man nichts tut, bleibt alles in Ordnung…“

Der Gewerbeverein

Das sieht Thomas Tiebel nicht ganz so. Der Chef der Radeberger Likörfabrik hat sein Geschäft an der Hauptstraße und ist im Vorstand des Gewerbevereins aktiv. „Dass sich gar nichts tut, ist ja nicht richtig“, kontert er. „Die Neuansiedlungen an der Hauptstraße zeigen ja, dass wir auf einem guten Weg sind – auch, wenn wir den optimalen Punkt noch lange nicht erreicht haben.“ Wichtige Schritte, findet er, wären endlich einheitliche und vor allem an Sonnabenden auch längere Öffnungszeiten. „Und wenn sich noch ein touristisch interessanter Laden ansiedeln würde, vielleicht mit erzgebirgischer Schnitzkunst oder ein Pfefferküchler, würde das die Attraktivität weiter steigern.“ Deshalb spielt er auch auf das vom Gewerbeverein ins Gespräch gebrachte Thema Wirtschaftsförderung durch die Stadt an: „Es wäre gut, wenn sich im Rathaus jemand für solche Ansiedlungsprobleme verantwortlich fühlen würde.“