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Ruhestand nach fast 30 Jahren

Das Geschenke Eck in Pulsnitz schließt. Ein Nachfolger für die Räume wird gesucht.

Von Reiner Hanke & Bernd Goldammer
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Fast 30 Jahre lang bediente Gerd-Michael Schuster seine Kunden in Pulsnitz. Er und seine Frau Anneruth gehen in den Ruhestand. Das hat auch gesundheitliche Gründe.
Fast 30 Jahre lang bediente Gerd-Michael Schuster seine Kunden in Pulsnitz. Er und seine Frau Anneruth gehen in den Ruhestand. Das hat auch gesundheitliche Gründe. © Bernd Goldammer

Pulsnitz. Schusters Geschenke Eck auf der Goethestraße 1 in Pulsnitz schließt Ende Juni. „Am 22. Juni werden wir die letzten Lottoscheine annehmen“, kündigt Gerd-Michael Schuster seiner Kundschaft an.

Er ist zwar schon 68, aber ihr Geschäft wollten die Schusters eigentlich noch bis zu seinem 70. Geburtstag führen. Denn es macht ihnen Freude. Doch es kam anders als geplant. Die Gesundheit ist der Grund. Am Jahresende 2018 fiel der Geschäftsmann plötzlich in die Bewusstlosigkeit. Er konnte gerettet werden. 

Doch er erlebte, wie schnell sich das Leben ändert. Kurze Zeit später hatte sich seine Anneruth bei einem Unfall den Arm gebrochen. Den Eheleuten wurde klar, dass der kaufmännische Schlussstrich um zwei Jahre vorverlegt werden muss. „Das war keine leichte Entscheidung. Dieses Geschäft verkörpert unseren gemeinsamen Lebenstraum“, erzählt Anneruth Schuster. „Um ihn haben wir gekämpft, obwohl er lange unerfüllbar schien.“ Anfang 1990 kam endlich die Gewerbegenehmigung. „Wir hatten sie schon vor der Wende beantragt.“

Ein Dank an die Kunden

Danach begann eine turbulente Zeit. Geschenke- und Spielwaren Handel lief zu DDR Zeiten ganz anders. „Wir fuhren zu den Warenherstellern. Vieles lief über Empfehlungen. Wir wollten die Hersteller sächsischer Marken im Sortiment haben. Wir bauten Kontakte zu den Meistern der erzgebirgischen Spielwarenherstellung auf. Sachsenglas aus Schwepnitz hatte ebenfalls einen sehr guten Ruf. Kurz nach der Eröffnung änderten sich die Grundlagen des Handelsgeschehens. Hersteller gingen pleite. Neue Gesetze kamen und wir mussten uns schnell darauf einstellen“, erinnert sich Gerd-Michael Schuster. Aber die Umsätze waren zufriedenstellend. Pulsnitz bekam einen Kurbetrieb. Das wirkte sich positiv aus. „Wir konnten unseren Verkaufsideen freien Lauf lassen. Viele Stammkunden freuten sich über unsere Angebotsvielfalt. Wir liebten sie dafür. Ich bin dem Leben für diese fast dreißig Jahre dankbar“, betont Anneruth Schuster.

Im Verlauf dieser Jahre kam auch die Lottoannahme hinzu: „Es ist schon ein schönes Gefühl, wenn uns Kunden erzählten, dass sie gewonnen hatten“, erinnert sich Gerd-Michael Schuster. Das Weihnachtssortiment besorgten sich die beiden Geschäftsleute schon frühzeitig im Erzgebirge. Schön war es auch, wenn sie ihren Kunden Sonderwünsche erfüllen durften. „Wir hatten gute Kontakte zu den jeweiligen Herstellern“, erinnert sich Anneruth Schuster. In diesen Momenten spürt man, dass ihnen die Erinnerungen gut tun. 

Jetzt aber müssen sie dem Abschied ins Auge blicken. In dieser Woche wird die nächste Stufe des Ausverkaufes gestartet. So beginnen drastische Preissenkungen. „Wenige Tage später schließen wir. Eine Bitte hätten die Schusters noch. „Sagen Sie unseren vielen Kunden herzlichen Dank. Es war schön, für sie da zu sein.“ Viele Kunden bewegt unterdessen, was aus der Lottoannahme wird, die Schusters mit in ihrer Regie hatten. Dazu steht die Entscheidung noch nicht fest. Es gebe wohl mehrere Bewerber.

Einkaufserlebnisse schaffen

Es ist nun das zweite Geschäft nach dem Edeka, das innerhalb kurzer Zeit im Stadtzentrum schließt. Beim Edeka ist mit einem Angelshop bereits der Nachmieter bekannt. Der private Eigentümer des Eckhauses mit dem Geschenkeladen lässt wissen, dass er noch Interessenten für die Räume, die nun frei werden, sucht. Im Rathaus beobachtet man diese Entwicklung natürlich sehr genau. Die Stadt seit gut vernetzt und könne als Ansprechpartner vermitteln, wenn „wir von Interessenten wissen“, so Bürgermeisterin Barbara Lüke. 

Sie sieht die Zukunft darin, Einkaufserlebnisse durch die Händler in der Stadt zu schaffen. Die „Nacht der 1 000 Lichter“ als Einkaufsnacht ist ein Beispiel. Die Stadt unterstütze das. Letztlich müsse natürlich die Kaufbereitschaft in der Bevölkerung da sein. An die appelliert Barbara Lüke. Sie sehe durchaus Vorteile im Einzelhandel gegenüber der Online-Konkurrenz. Die Qualität der Zustellung sei ja nicht immer optimal. Außerdem fallen die Versandkosten im Einzelhandel weg. Der Käufer könne die Ware sofort vor Ort begutachten und einpacken. Diese Sicht sollte sich durchsetzen: „Die Leute müssen zu ihren Händlern stehen.“