Sachsen plant den Einheitstakt

Wenn es um Visionen geht, kennt Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) kein Halten mehr. Da macht der Entwurf für den neuen Landesverkehrsplan 2030, der gegenwärtig zur öffentlichen Anhörung ausliegt, keine Ausnahme. „Alle reden von Mobilität, ich auch. Aber das darf kein Modebegriff bleiben, sondern er muss tatsächlich für neue Konzepte stehen.“ Dulig fordert nun, dass Entscheidungen zur Verkehrspolitik nicht nur aus Sicht einzelner Nutzergruppen getroffen werden, sondern die Interessen aller sinnvoll und effektiv verknüpft werden. Konkret: Bus, Bahn, Auto und Rad sollen nicht gegeneinander, sondern miteinander unterwegs sein, um für ihre jeweiligen Nutzer ein Höchstmaß an Mobilität zu sichern. Und der Landesverkehrsplan, den die Staatsregierung bis zum Sommer beschließen will, soll das alles ermöglichen.
Mehr Linien und bessere Taktzeiten im Nahverkehr
Als großen Erfolg auf diesem Weg lobte er die Einigung, die der Freistaat vor Kurzem mit dem fünf Verkehrsverbünden der Kommunen erzielt hat. Dabei hatte man sich auf die geplante Einführung eines Sachsentarifs verständigt, der Nahverkehrsnutzern vor allem bei Fahrten zwischen den einzelnen Tarifzonen übersichtlichere und einheitliche Tarifangebote sichern soll. Zudem ist der Aufbau eines Plus-Bus-Systems geplant, mit dessen Hilfe zusätzliche überregionale Verbindungen möglich werden. Unterstützt werden soll das alles durch landesweit besser abgestimmte Taktzeiten von Bus- und Bahnlinien, besonders jenen, die den ländlichen Raum und die Ballungszentren miteinander verbinden. Für junge Leute wird ab August bzw. dem Beginn des Schuljahres 2019/2020 das preisgünstige Azubi-Ticket sowie ein Schüler-Freizeit-Ticket eingeführt. Am gescheiterten Bildungsticket, das eine ÖPNV-Nutzung rund um die Uhr und an jedem Tag des Monats ermöglicht, sowie der Einführung einer eigene Landesverkehrsgesellschaft will der Minister zumindest mittelfristig festhalten.
Lkw und Auto bleiben das häufigste Verkehrsmittel
Bei den künftigen Investitionen in die einzelnen Verkehrswege orientiert sich der Freistaat vor allem an den entsprechenden Prognosen für den Zeitraum bis 2030. So gehen die Experten von einer weiteren deutlichen Zunahme des Lkw-Verkehrs auf Sachsens Straßen aus. Auch der individuelle Autoverkehr werde sich bis dahin kaum reduzieren. Während beim Radverkehr dagegen nur mit einer leichten Steigerung gerechnet wird, geht man beim Fußgängerverkehr aufgrund der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung sogar von einem Rückgang aus. Laut Dulig will der Freistaat zumindest in Teilen gegensteuern. Er verweist auf die bereits 2018 gegründete Arbeitsgruppe, welche Möglichkeiten für eine Neuauflage des Projekts „Rollende Landstraße" – also den Lkw-Transport per Bahn – prüfen soll. Ansonsten soll vor allem die Digitalisierung helfen, das große Miteinander aller Verkehrsarten besser zu organisieren. Investieren will der Freistaat – wo möglich und sinnvoll – auch in den Ausbau und die Elektrifizierung von Schienenstrecken.
Flicken und Erhalt des Straßensystems hat künftig Vorrang vor dem Neubau
In puncto Straßen will man im Freistaat an dem zuletzt eingeschlagenen Kurs festhalten. Demnach wird dem Erhalt und Ausbau bereits bestehender Trassen ein Vorrang eingeräumt. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2017 sind gut 43 Prozent aller Staatsstraßen in einem schlechten Zustand. Neubauten sollen dagegen auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Laut dem Minister ist dies auch berechtigt, da von den 40 Neubauprojekten der höchsten Prioritätstufe im alten Landesverkehrsplan mittlerweile 22 fertiggestellt sind. Andere seien noch in der Planung, einige mangels Bedarf gestrichen worden. Bis 2030 sind nun unterm Strich insgesamt 25 Neubauten von Staatsstraßen bzw. Teilstrecken vorgesehen. Die einzelnen Projekte sind im Onlineangebot des Verkehrsministeriums abrufbar. Trotz des Prinzips „Erhalt vor Neubau!“ wird der Freistaat künftig nicht weniger Geld in den Straßenbau stecken, im Gegenteil. Minister Dulig kündigte an, dass sich die Ausgaben für diesen Bereich sogar erhöhen werden.
Radwegenetz soll ausgebaut werden
Zumindest auf dem Papier hat sich der Freistaat darauf festgelegt, möglichst viele Lücken im bestehenden Radwegenetz zu schließen. Dabei sind auch neue Schnellverbindungen für Radler geplant. Zurzeit, so erklärt der Minister, seien 450 Kilometer Radstrecke in Planung oder im Bau. „Sachsen spielt hier im Vergleich aller Bundesländer in der oberen Liga“, ist er überzeugt. Anders sehen das die Grünen im Landtag. Der Anteil des Radverkehrs sei zwischen 2010 und 2015 nur von 7,5 auf 7,8 Prozent gestiegen, rechnet die verkehrspolitische Sprecherin Katja Meier vor. „Das ist lächerlich.“ Auch am Entwurf des Landesverkehrsplanes übt sie Kritik. Weder berücksichtige dieser den starken Bevölkerungsrückgang, noch gebe es konkrete Maßnahmen zur Reduzierung von Schadstoffen.