Sachsen droht enormer Einwohnerschwund

Die ländlichen Regionen schrumpfen wie nie zuvor. Doch bis jetzt konnten die Geburtenrückgänge der letzten Jahre, durch den Zuzug in die Städte, recht stabil ausgeglichen werden. In den nächsten 15 Jahren soll sich das ändern: Nach einer Prognose des Statistischen Landesamt sollen im Jahr 2035 nur noch zwischen 3,8 und 3,9 Millionen Menschen in Sachsen leben – Ende 2018 waren es noch 4,08 Millionen.
Daran ändert auch Leipzigs weiterhin steigende Popularität nichts mehr: Bis 2035 sollen fast 100.000 neue Einwohner, dem Titel der schnellst wachsende Stadt Deutschlands gerecht werden. In der Landeshauptstadt wird sich der Zuwachs der letzten Jahre hingegen nicht mehr so stark fortsetzen. Für Dresden wird im gleichen Zeitraum mit einem Bevölkerungswachstum von zwei bis sechs Prozent gerechnet.
Alle anderen Landkreise sollen trotz steigender Lebenserwartung schrumpfen und sogar Chemnitz muss mit einem Bevölkerungsrückgang rechnen. Die Universitätsstadt ist in den letzten Jahren vor allem wegen der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge gewachsen. Nach diesem Peak verteilen sich die Schutzsuchenden nun auf den ganzen Freistaat.
Der stärkste Rückgang wird in Zwickau, im Erzgebirgs- und Vogtlandkreis zu spüren sein. Alles Landkreise, die von einer alten Bevölkerungsstruktur geprägt sind. Für ganz Sachsen würde das einen durchschnittlichen Bevölkerungsrückgang von 0,2 bis 0,4 Prozent bedeuten. Im Vergleich zu den anderen neuen Bundesländern seien das aber noch moderate Zahlen – abgesehen von Brandenburg, wird sich in Ostdeutschland ein noch deutlicherer Bevölkerungsrückgang abzeichnen. „Es zeigt sich, dass die weiblich geprägte Abwanderung nach der Wende auch weiterhin Spuren hinterlässt“, folgert Manuela Reckling, die sich für das Statistische Landesamt mit der Prognose beschäftigt hat.
Das Problem dabei ist, dass der Anteil der sächsischen Bevölkerung nicht gleichmäßig abnehmen wird. Während sich die Städte weiter verjüngen – ganz vorne voran Leipzig, wo die meisten neuen Einwohner im Jahr 2018 zwischen 18 und 25 waren – meiden junge Menschen das Land.
„Dadurch fehlen Fachkräfte und Geburten, was die Unwucht auf mittlere Sicht zusätzlich verschärfen wird“, erklärt Felix Rösel vom Ifo-Instituts in Dresden. Bis 2035 soll fast jeder dritte Sachse über 65 Jahre alt sein; 2018 waren es noch 26 Prozent. So sinkt auch der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung von 56,5 auf 52 Prozent. Allein der Speckgürtel um Dresden und Leipzig kann von dieser Dynamik profitieren.
Das erklärt auch, wieso Taucha prozentual den stärksten Wachstumsschub im ganzen Freistaat erleben wird. Doch schon für das Chemnitzer Umland trifft diese Entwicklung wieder nicht zu. Zum einen, weil die Mietpreise dort eine andere Entwicklung nehmen und die Chemnitzer nicht aus der Stadt treiben, zum anderen weil viele junge Menschen zwar zum Studieren herziehen, aufgrund der Infrastruktur aber nicht bleiben, vermutet Reckling.
Die aktuelle Einschätzung des Statistikamts basiert weitgehend auf einer Analyse der Bevölkerungsentwicklung zwischen 2014 bis 2018 und folge dabei langjährigen Entwicklungsmustern.