Von Frank Oehl
Bei Sachsenfahnen im Industriegebiet am Kamenzer Ochsenberg flattern die Banner im Wind. Das flotte Lüftchen kommt sozusagen über den Atlantik herüber. Kein Wunder: Während der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien sind nicht nur Winkelemente aller Art, sondern auch größere Bowflags, Aufsteller und Werbetransparente gefragt. Vornehmlich in Schwarz-Rot-Gold. Darüber freut sich auch Marketingchefin Silke Otto. „Wenn die deutsche Mannschaft weit kommt, ist das für unser Geschäft natürlich sehr gut.“
Vieles freilich wurde bereits im Vorjahr geordert. „Die Anbieter von Public Viewing kommen nicht auf den letzten Drücker“, weiß die Marketingfrau. Aber das ganz individuelle Geschäft der Sachsen Fahnen GmbH brummt derzeit wirklich. Die Firma hat in den vergangenen Jahren den Online-Service über die eigene Marke Vispronet stark ausgebaut. Allein an den Klickzahlen spüren die Fahnenhersteller, die längst auf Digitaldruck umgestellt haben und ihn weiter ausbauen, die wachsende Resonanz. Sachsenfahnen-Inhaber Jürgen Ruhland: „Während der Spiele selbst sind die Klicks meist geringer, aber danach schnellen sie rasant in die Höhe.“ Vornehmlich nach den Siegen der deutschen Mannschaft.
Die Fokussierung auf das Online-Geschäft hat der Firma viel Geld gekostet, das sich jetzt aber bezahlt macht. Während die Großaufträge weniger werden, boomen die ganz individuellen Wünsche der privaten Kundschaft. „Fahnen selber machen“ – unter solchen Google-Anfragen kommt der Interessierte schnell zu seinem Anbieter. Und Sachsen Fahnen hat über „Vispronet“ die ganze Palette im Angebot – von Geschenk- und Büroartikeln über Werbetextilien bis hin zu Fahnenmasten oder individuell bedruckten Liegestühlen und Sitzkissen. Otto: „Wer bis früh um 9 Uhr eine Bestellung aufgibt, kann über Nacht beliefert werden.“ Dieser Service kostet einiges mehr, wird aber stark nachgefragt. Der Vorteil der Internetbestellung ist an das Tempo gebunden, mit der dieser Service nutzbar ist. „Dafür legen die Kunden gern ein paar Euro drauf“ – diese Erfahrung haben Ruhland und sein Team gemacht.
Wer den großzügig ausgebauten Betriebssitz in Kamenz besucht, bekommt im weitläufigen Präsentationsraum einen guten Einblick in die Produktpalette. Vor allem die WM-Ecke in Schwarz-Rot-Gold zieht die Blicke auf sich. Natürlich könne der „Regiestuhl“ auch ganz gestaltet werden, erläutert die Marketingchefin. Alle Farben stehen zur Verfügung und viele Schriften. Auf diese Weise kann ein Unikat entstehen, dass natürlich besonderen Wert hat. Auch beim „Rudelgucken“ im ureigenen Garten – wenn man denn möchte.
Ruhlands Firma ist eine bald 25-jährige Erfolgsgeschichte. Nach der Wende war er mit einem westdeutschen Partner und 14 Leuten in der alten Fahnenfabrik in der Bautzner Straße in die Markwirtschaft gestartet. Mit knapper Mehrheit machte später der Stadtrat die Investition am Ochsenberg möglich – wo man sich heute als Marktführer in Deutschland vor allem der Konkurrenz aus Fernost stellt. Längst ohne westdeutschen Investor. Ruhlands Söhne halten dem Kamenzer Stammbetrieb auf ihre Weise mittlerweile in den USA und in China mit Firmenablegern den Rücken frei, so gut es geht. Der Umsatz des Unternehmens ist mittlerweile auf 20 Millionen Euro im Jahr gewachsen – etwa 250 Leute sind in Lohn und Brot.
Während einer Fußball-WM ist diese Einschätzung umso augenfälliger. Deshalb drückt die Belegschaft der deutschen Mannschaft nun noch mehr die Daumen. Das flotte Lüftchen vom Atlantik her könnte ruhig noch ein bisschen andauern, heißt es. Wobei Silke Otto, die Marketingchefin, schon auch weiß, dass das Sommermärchen von 2006 mit der WM im eigenen Land kaum zu toppen sein wird. Es sei, Deutschland würde Weltmeister …