Bleibt die Motorrad-WM für immer auf dem Sachsenring?

Der beste Fahrer kann 17 Sachsenring-Siege einfahren. Zehnmal hat der Spanier Marc Marcquez schon die größte Renntrophäe auf dem Traditionskurs eingesammelt, auch in diesem Jahr. Weitere sieben Rennen könnte er noch gewinnen, bleibt der Ausnahmefahrer seinem Beruf bis wenigstens 2026 treu. Denn siebenmal findet der Motorrad-Grand-Prix mindestens noch auf dem Sachsenring statt, stellt Hermann Tomczyk in Aussicht, der Motorsportchef des ADAC in München.
Der 68-Jährige schätzt die 3,6 Kilometer lange Rennstrecke und die Zuschauer. „Meine Meinung ist, dass der Sachsenring der ideale Platz für einen Moto-GP-Lauf in Deutschland ist, da wir hier eine unwahrscheinlich hohe Motorradaffinität haben“, sagt Tomczyk in einem Exklusiv-Gespräch mit der SZ. „Hinzu kommen die lange Tradition und ganz tolle Fans, die wirklich auch hinter dem Sachsenring stehen.“ Deshalb sei es nach dem Aus für die Sachsenring-Rennstrecken-Management GmbH (SRM) im vergangenen Jahr „für uns das Wichtigste gewesen, dass der Grand Prix hier weitergeht“.

2018 sah es kurz so aus, als könne die SRM weitermachen. Ein Investor stellte sich vor. Der ADAC bestand laut Tomczyk auf Vertragserfüllung. Das konnte die SRM dann aber doch nicht leisten. Dass es um Geld ging, will Tomczyk nicht mehr kommentieren. Daraufhin nahm die ADAC-Zentrale den Grand Prix wieder in die Hand und gründete mit dem ADAC Sachsen eine neue Gesellschaft, die jetzt als Ausrichter auftritt. „Wir haben ein engagiertes Team, das zum Teil neue Wege geht, aber auch an Bewährtem festhält“, sagt Tomczyk. „Aber natürlich mussten wir uns auch vieles erarbeiten.“
Dabei konnte er sich der Unterstützung aus der Region fast immer sicher sein, wenn auch nicht alle mitgezogen haben. „Ich freue mich, dass ein Großteil der Anlieger den Grand Prix so unterstützt, aber es gibt auch manche, die vielleicht erst mal ein Jahr Bedenkzeit brauchen. So hoffen wir das jedenfalls.“
Einer der Unterstützer ist Thomas Hetzel, der parteilose Bürgermeister von Oberlungwitz. Als Vertreter seiner Gemeinde arbeitete er in der SRM mit. Doch auch in der Zeit nach der SRM hat er viel mit dem Motorrad-Grand-Prix zu tun. Der größte Teil des Sachsenrings liegt auf Gemeindegebiet. Als Ortspolizeibehörde mussten die Mitarbeiter im Rathaus Oberlungwitz vorab jede Menge Genehmigungen ausstellen. „Insgesamt sind wir sehr zufrieden. Es funktioniert gut“, sagt Hetzel. Bis auf „ein paar Kleinigkeiten“ habe alles geklappt. Dabei sei es zum Beispiel um die Besetzung von Kontrollstellen gegangen. „Aber da wurde immer reagiert.“
Dass sich etwas geändert hat am Sachsenring, hat auch er bemerkt. „Einige Tribünen sind weggefallen. Andere stehen anders. Das macht sich bemerkbar, aber nicht im negativen Sinn“, sagt Hetzel. Die Zuschauerresonanz sei sehr gut. Das hänge aber auch maßgeblich mit dem Wetter zusammen. „Es ist ideal, nicht zu heiß und nicht zu kalt“. Der ADAC meldet, dass in diesem Jahr 201.162 Besucher zum Grand-Prix-Wochenende gekommen sind. Zum Vergleich: 2018 waren es gut 193.000 Fans. Zu besten Zeiten kamen deutlich über 200.000 Gäste.
Tomczyk braucht gute Zahlen. Er rechnet mit spitzem Stift. „Wir haben hier keine permanente Rennstrecke. Deshalb ist die Veranstaltung nicht ganz einfach umzusetzen“, sagt er. „Zusätzlich werden die Anforderungen an die Sicherheit und die Infrastruktur ständig höher - ganz abgesehen davon, dass der jährliche Auf- und Abbau natürlich mehr kostet als auf einer permanenten Rennstrecke. Daher wird sich der Grand Prix trotz der vielen Zuschauer wirtschaftlich gerade mal so rechnen.“
Eine hohe Rechnung erwartet Tomczyk auch in der Zukunft vom GP-Veranstalter aus Spanien, der Dorna. Am Sonnabend haben die Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung begonnen. „Der Grand Prix bleibt definitiv bis 2021 am Sachsenring“, sagt Tomczyk. Jetzt geht es um weitere drei oder fünf Jahre Deutschland-Grand-Prix. „Allerdings müssen die finanziellen Rahmenbedingungen passen, und da sind wir natürlich auf Unterstützung der Region und aus der Politik angewiesen.“ Was das genau heißt, sagt Tomczyk nicht.
Klar ist aber: Soll es die Großveranstaltung weiter geben, darf die Organisation vor Ort nicht teurer werden. „Die Dorna ist mit Sicherheit sehr glücklich hier“, weiß Tomczyk von den Spaniern. Das sage Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta immer wieder. „Wenn wir uns finanziell einigen, dann hätten wir die nächsten sieben Jahre auf jeden Fall einen Grand Prix in Deutschland.“ Und glaubt man Tomczyk, dann gibt es dafür keinen besseren Ort als den Sachsenring.
